SINATRA: Frank Sinatra Sings For Only The Lonely

Only The Lonely

Rezension zur Verfügung gestellt von Siegfried Sodbrenner

Dieses Album gewann einen Grammy, nicht jedoch etwa als "bestes Album", nein - sondern für das "beste Plattencover".

Sinatra und Nelson Riddle verwiesen beide immer auf dieses Album als ihre beste Zusammen- arbeit. Obwohl die Arrangements von ihm selbst stammten, waren sie so kompliziert, dass sie Riddles Fähigkeiten als Dirigent überstiegen. Sinatra versuchte eine Aufnahmesession mit Riddle als Dirigent, bei der die Titel Angel Eyes, Ebb Tide und Guess I´ll Hang My Tears Out To Dry entstanden. - Bemerkenswert übrigens, dass viele Musiker immer wieder anmerkten, Sinatra selbst sei ein wesentlich besserer Dirigent als die meisten Studio-Dirigenten. Da Sinatra sich aber aufs Singen konzentrieren musste, bat er Felix Slatkin, das Orchester bei sechs der zwölf ursprünglichen Stücke zu leiten.

Um nicht Nelson Riddles Stolz zu verletzen, wartete Sinatra, bis dieser mit Nat King Cole auf Tournee ging, berief eilig die Musiker ein und nahm mit Slatkin als Dirigent in zwei Marathon- Sessions am 29. Mai 1958 die Hälfte des Albums auf.

Die drei oben genannten Songs landeten im Abfalleimer. An diesem Tag versuchte sich
Sinatra auch dreimal an der Nummer Lush Life, kam aber zu keinem Ergebnis und ließ
die Nummer beiseite.

Sinatra wollte übrigens dem Album ursprünglich den Titel Songs For Losers Only geben.
Das Album erreichte Platz Eins der Billboard Charts und wenn man zehn Sinatra-Fans nach ihrem Lieblingsalbum fragt, werden höchstwahrscheinlich neun von ihnen Only The Lonely anführen.

Ganze Buch-Kapitel wurden über dieses Album geschrieben. Ohne Zweifel sind die Arrangements Nelson Riddles beste Arbeit überhaupt. Angetrieben vom Erfolg der zwei Sinatra-Gordon-Jenkins-Zusammenarbeiten Where Are You und A Jolly Christmas oder
auch bedingt durch zwei tragische Todesfälle in seiner Familie wollte Riddle beweisen, dass auch er in der Lage war, emotionsgeladene Balladen-Arrangements zu schreiben.

Nelson Riddle ist ein Meister darin, ein großes Orchester "klein" klingen zu lassen. Sein Gebrauch von Instrumental-Soli für Intros schafft wie nichts sonst ein Gefühl von leerem Raum, um dann auf dem emotionalen Höhepunkt des Songs fast unmerklich das volle Orchester einsetzen zu lassen. Anders als bei den übrigen Sinatra-Riddle-Alben steht hier das Orchester im Mittelpunkt.

Was Sinatra betrifft, ist diese Platte der Gipfelpunkt des Wettstreits, wie weit er in Sachen Verzweiflung gehen könne. Er strahlt hier so viel Traurigkeit und Verlust aus, dass es schon ans selbstmörderische grenzt. Sinatra sollte in Folge noch vier weitere "torch albums" aufnehmen: No One Cares, All Alone, A Man Alone und She Shot Me Down - auf diesen Alben scheint Sinatra sich dann nach und nach aus dem tiefen Tal der Verzweiflung, welches Only The Lonely darstellt, langsam wieder emporzuarbeiten.

So großartig diese Platte auch ist, ich bin keiner der erwähnten neun von zehn Sinatraphiles, die sie als Sinatras beste Platte ansehen. Eine seiner zehn besten Platten, da ja, aber seine beste Platte, nein. Für die Arrangements der Songs war es günstig, so viele Songs wie möglich mit Felix Slatkin am Steuer aufzunehmen, aber Sinatra bezahlte den Preis mit seiner Stimme - auf vielen der Nummern bricht Sinatras Stimme während er lange Noten hält. Stimmlich gesehen sind In The Wee Small Hours und Where Are You die besseren Leistungen.

Weiters ist die Auswahl des Songs Blues In The Night fragwürdig. Für mich wird durch den Song die Stimmung des Albums gestört bzw. unterbrochen, vor allem wenn Sinatra beginnt,
das Pfeifen des Zuges zu singen.

Sehr verehrte Damen und Herren, beachten Sie auch die Rezension von Ulrich Groh, welche
Sie hier finden können.

Bewertung: sehr gut