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“Basically, I'm for anything that gets you through the night - be it prayer, tranquilizers or a bottle of Jack Daniels.”

“Critics don't bother me because if I do badly, I know I'm bad before they even write it. And if I'm good, I know I'm good. I know best about myself, so a critic doesn't anger me.”

“The thing that influenced me most was the way Tommy played his trombone. It was my idea to make my voice work in the same way as a trombone or violin - not sounding like them, but "playing" the voice like those instrument- alists.”
She Shot Me Down

Die Pose auf dem Cover-Foto erinnert nicht von ungefähr an die Plattencover der mittleren 50er Jahre. Hier wie da sehen wir den nachdenklichen, ganz in sich versunkenen Loner mit Drink und Zigarette, irgendwo und irgendwann "in the wee small hours of the morning".

Verehrtes Publicum, Sinatra besann sich 1981 wieder einmal der schon längere Zeit schwer vernachlässigten Idee des "Concept-Albums". Bereits in den 50ern hatte er für seine damalige Firma Capitol eine ganze Reihe schwermütiger Balladen-Platten aufgenommen. Nun, mit schon sechsundsechzig Jahren, versuchte Sinatra sich erneut in dieser Kunst zu üben. Don Costa, Gordon Jenkins und Nelson Riddle arrangierten die neun Stücke weitgehend dunkel und dramatisch und die Songs sind zumindest teilweise von durchaus hoher Qualität. Und doch funktionieren sie nicht alle gleich gut, was freilich in erster Linie an der stimmlichen Verfassung Sinatras liegt.

Unüberhörbar hat die Stimme des Barden seit
Trilogy erneut und ganz erheblich an Elastizität und Beweglichkeit eingebüßt, ist verglichen mit den legendären 50er-Jahre-Platten, deren Geist hier noch einmal heraufbeschworen werden soll, rauh, kratzig und dunkel geworden. Zuweilen versteht es der Sänger jedoch ziemlich geschickt, diesen an sich doch sehr bedauerlichen Umstand als gewissermaßen gestalterisches Element einzubringen. Bei einigen der Stücke gelingt ihm das ganz gut, bei anderen wieder ganz entschieden weniger.

Die Einstiegsnummer des Albums Good Thing Going dürfte wohl eine der langweiligsten Song-Interpretationen sein, die Sinatra in seiner gesamten Karriere abgeliefert hat. Dieser Song sowie auch die zweite Nummer Hey Look No Crying bewähren sich vermutlich ganz ausge- zeichnet bei Einschlafschwierigkeiten des Hörers, sind aber ein sehr enttäuschender Beginn für ein Sinatra-Album. Auch Thanks For The Memory bewegt sich ganz in diesem Fahrwasser, besitzt keine Melodie mit Wiedererkennungswert und wird zudem von Sinatra nicht gerade sehr überzeugend gebracht.

Nach diesen drei sehr mittelmäßigen Stücken wird man dann von A Long Night förmlich über- rascht: Der Song hat einen großartiger Text, eine gelungene Melodie und wird von Sinatra tief empfunden und sehr dunkel und tief dramatisch interpretiert, für mich eine seiner besten Leist- ungen der 70er und 80er Jahre und ein wahres Kleinod, auch stimmlich für einen Sänger so hohen Alters eigentlich sehr überzeugend.

Nach diesem in der Tat wunderbaren Titel kehrt Sinatra zu einem Song zurück, den er bereits 1973 das erste Mal aufgenommen hatte: Bang Bang (My Baby Shot Me Down). Die Version
auf diesem Album zeigt sich der früheren Einspielung bei weitem überlegen und Sinatra agiert überzeugend genug, um vergessen zu lassen, dass es sich bei der Nummer um einen belang- losen Pop-Song des Duos Sonny & Cher handelt, der im Original geradezu unerträglich ist.

Monday Morning Quarterback geht genauso schnell aus dem Ohr hinaus wie hinein und hinterläßt keine bleibende Erinnerung. Der nächste Song, South - To A Warmer Place ist
dann ein Rückfall in die uninspirierte Langeweile der ersten drei Titel des Albums. Wesentlich besser gefällt schon die nächte Nummer, I Loved Her, ein Song über eine Beziehung, die durch die Gegensätzlichkeit der Partner keine Zukunft haben konnte.

Den wirklichen Höhepunkt des Albums hat man sich allerdings bis ganz zum Schluss aufgespart: Zwei "klassische" Sinatra-Songs der Capitol-Phase, nämlich The Gal That Got Away und It Never
Entered My Mind, zu einem Medley verwoben, bei dem Sinatra alle ihm stimmlich noch verblieb- enen Trümpfe aus dem Ärmel zieht. Hier kommt auch erstmals etwas Bewegung in ein ansonst- en ruhiges, fast schon gemächlich dahinfließendes Album. Eine herausragende Interpretation,
die man dem doch schon ziemlich bejahrten Sänger eigentlich nicht mehr so ohne weiteres zugetraut hätte und die den alten Versionen der Titel kaum nachsteht. Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieses Medley ist eine der sehr, sehr seltenen Sternstunden des Post- Retirement-Sinatra.

Abseits der dann und wann gar zu offensichtlichen und nicht zu verleugnenden stimmlichen Mängel und einiger ziemlich belangloser Songs, die einem gleich zu Beginn des Albums das Hörvergnügen deutlich trüben, kann das Album auf jeden Fall zumindest als eines der Besseren der Post-Retirement-Phase angesehen werden - Kunststück: es gibt ja auch kaum welche.
.
Es sind vor allem die Titel A Long Night und The Gal That Got Away / It Never Entered My
Mind, die das Album ungemein aufpolieren - trotzdem ist She Shot Me Down insgesamt nur ein Durch- schnittsalbum, gemessen am vergleichsweise sehr guten zuletzt veröffentlichten Album Trilogy. Meine hochgeschätzten Damen und Herren: Ohne die beiden obgenannten Songs würde jede Bewertung dieses Albums für Sinatra ungleich weniger günstig ausfallen.

Sehr verehrte Damen und Herren, beachten Sie auch die Rezension von Ulrich Groh, welche
Sie
hier finden können.

Bewertung:   durchschnittlich
Songs
Good Thing Going
Hey Look No Crying
Thanks For The Memory
A Long Night
Bang Bang (My Baby Shot Me Down)
Monday Moring Quarterback
South - To A Warmer Place
I Loved Her
The Gal That Got Away/
It Never Entered My Mind



Aufgenommen
April-Sept. 1981



Produzent
Don Costa

Musiker
Irv Cottler - Schlagzeug
Gene Cherico - Bass
Tony Mottola - Gitarre
uva.


Arrangeure
Gordon Jenkins
Don Costa
Nelson Riddle