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“Basically, I'm for anything that gets you through the night - be it prayer, tranquilizers or a bottle of Jack Daniels.”

“Critics don't bother me because if I do badly, I know I'm bad before they even write it. And if I'm good, I know I'm good. I know best about myself, so a critic doesn't anger me.”

“The thing that influenced me most was the way Tommy played his trombone. It was my idea to make my voice work in the same way as a trombone or violin - not sounding like them, but "playing" the voice like those instrument- alists.”
All Or Nothing At All
(Text und Komposition: Jack Lawrence/Arthur Altman)

Aufnahmedaten der verschiedenen von Sinatra im Studio eingesungenen Versionen:

31. August 1939 (RCA)
22. November 1961 (Reprise)
16. Mai 1966 (Reprise)
16. Februar 1977 (Reprise)

Meine hochverehrten Damen und Herren, hier präsentiere ich Ihnen einen Song, der für Sinatra
zweifelsfrei besondere Bedeutung hat. Seine erste Aufnahme des Stückes zeigt ihn noch als Sänger der Band von
Harry James, bei welchem Sinatra seinerzeit einen Zwo-Jahres-Vertrag unterschrieb, von welchem er aber nur sechs Monate abdiente. All Or Nothing At All in der Erst-Version wurde am 31. August 1939 eingespielt, hatte nach der Veröffentlichung jedoch kommerziell relativ wenig Erfolg. Dies sollte sich allerdings grundlegend ändern, als die Nummer anno 1943 wiederveröffentlicht wurde.  - Sinatra war inzwischen bereits durch seine von 1940 bis 1942 währende Mitwirkung im Orchester von Tommy Dorsey landesweit bekannt geworden und schickte sich gerade an, als Solo-Künstler Geschichte zu schreiben - Jetzt, auf dem ersten Höhepunkt seiner Karriere, erklomm die Aufnahme aus 1939 den ersten Platz der Billboard- Charts.

Sinatra blieb dieser Nummer in der Folge ein Leben lang treu, nahm sie in den unterschiedlich- sten Arrangements sowohl als Ballade als auch als Up-Tempo-Nummer neu auf und behielt sie bis zu seinen letzten Auftritten anno 1994 im Konzert-Repertoire.

Der Song All Or Nothing At All ist ein Parade-Beispiel für die Tatsache, dass Sinatra, wenn
er im Laufe seiner Karriere einen Song mehrmals aufgenommen hat, ihn jedes Mal schlechter gebracht hat als bei der Aufnahme zuvor. Das ist förmlich Axiom und Naturgesetz, es gibt nur wenige Ausnahmen, die von diesem Stehsatz abweichen und sie bestätigen dann die Regel eigentlich nur umso nachdrücklicher.

Abgesehen von den unterschiedlichen Studio-Aufnahmen stehen auch einige Konzert-
Versionen des Klassikers zur Verfügung - es sind die nämlichen (die Jahreszahlen
bezeichnen das Aufnahmedatum):

DVD Sinatra And Friends (1977)
DVD Concert For The Americas (1982)
DVD Sinatra In Japan (1985)
CD/DVD Sinatra Vegas (1982)

Die Erstaufnahme mit dem Orchester von Harry James ist definitiv die gelungenste zu nennen.
In der Tat, meine sehr geehrten Damen und Herren: Allein aus dieser Nummer ließe sich für den Sänger bereits unsterblicher Ruhm ableiten! Exzellent, Fantastisch, Famos! Jeder erdenkliche positive Superlativ ist hier angebracht. Diese Darbietung des jungen Sinatra ist atemberaubend. Hier haben wir es mit der definitivsten und gültigsten Version des Songs zu tun, kein Künstler  dürfte diese Aufnahme je übertroffen haben, am wenigsten Sinatra selber mit den späteren Neufassungen. Die Beseeltheit von Sinatras Vortrag in dieser Fassung ist geradezu ehrfurcht- gebietend - wenn Ihnen, sehr verehrte Damen und Herren, beim Abhören dieses Titels die Tränen in die Augen steigen, ja vielleicht sogar über die Backen laufen, so schämen Sie sich ihrer bitte nicht - auch mir, Ihrem Prinzipal und ergebenen Diener, ergeht es regelmäßig in der soeben geschilderten Art und Weise. In der Tat verwundert es doch in höchstem Maße, dass diese Version nicht schon anno 1939 wie eine Bombe einschlug - Sinatras Gesang in Kombination
mit einem grandios zu nennenden Arrangement ist schlicht und einfach unwiderstehlich.

Die 1961er-Version, entstanden für das Album
Sinatra And Strings, ist eine atemberaubende Demonstration von Sinatras damals noch völlig intakter Stimme, ein großartiges Arrangement von Don Costa und ein mit großer Emphase zu Werke gehender Sänger mit wunderbarer Phrasierung bescheren uns ein Kleinod auf einem zu Unrecht oft etwas vernachlässigten exzellenten Album. Wertes Publicum, ordern Sie Sinatra And Strings noch heute (dies ist
keine Empfehlung, sondern ein Befehl)! Dieser Song sowie das Album als solches ist ein ausgesprochen eindrucksvoller Beweis für Don Costas Fähigkeiten als Arrangeur und mit Sicherheit seine beste Arbeit für den Sänger. Hier darf Costa dem Publicum zeigen, was in
ihm steckt - auf diversen späteren Alben wurde er von Sinatra nie sonderlich gefordert und musste ein ums andere Mal sein Licht unter den Scheffel stellen. Nicht so auf diesem pracht- voll arrangierten Album, meine Damen und Herren! - So erquickend diese zwote Version von
All Or Nothing At All
auch ist, kann sie doch nicht mit der legendären Erstaufnahme von 1939 konkurrieren.

Die nächste und bereits dritte Fassung von All Or Nothing At All finden wir auf dem 1966 erschienenen Album
Strangers In The Night. Hier ist der Song deutlich moderner arrangiert
als gewohnt und Nelson Riddle´s neues, swingendes Arrangement sorgt mit der Orgel für Abwechslung im Sound. Sinatra scheint mir damals allerdings etwas lustlos agiert zu haben, zusätzlich ist er – wie wir unfehlbar hören können – stimmlich nicht gerade bestens disponiert. Diese Version ist weder besonders gut noch besonders schlecht zu nennen, sie ist gediegenes Mittelmaß. Dieses mittelschnelle Arrangement, welches den Song zu einer relativ einfach zu singenden Nummer macht, bildete auch die Grundlage für künftige Live-Interpretationen, wobei
freilich dann auf die Verwendung einer Orgel Verzicht geleistet wurde.

Eine sehr ungewöhnliche Fassung der Nummer entstand schließlich im Jahre 1977. Sinatra sang den Song damals im Studio im Playback-Verfahren zu einem funk-lastigen Arrangement
im Disco-Stil. Das Ergebnis ist erwartungsgemäß schauderhaft, diese Meinung werden die meisten Sinatra-Enthusiasten weltweit teilen. Nicht umsonst ließ man diese Version lange, lange Jahre in einem Archiv vor sich hin schimmeln, ja: faulen, bis sie erstmals mit der Veröffentlichung der monumentalen 20-CD-Box The Complete Reprise Studio Recordings
zu Ohren der Öffentlichkeit kam. Nicht, dass mir diese perkussiv-funkige Musik generell missfiele, aber die sehr eigenwillige, ja höchst seltsame Kombination Sinatra/Disco-Sound
geht einfach nicht auf, diese eigentlich schon unfreiwillig komische Version von All Or Nothing

At
All macht wenig bis überhaupt keinen Sinn und man fragt sich unwillkürlich, warum Sinatra sie überhaupt eingespielt hat. Sinatra wollte sich wohl ursprünglich bei einem jüngeren Publikum einschleimen, hat aber dann wohl selber erkannt, dass er sich damit nur zum lächerlichen Hanswurst machen würde und ließ die Nummer schlussendlich nicht veröffentlichen. Eine
weise Entscheidung, zu der dem Barden nachträglich gratuliert werden muss. Dass diese verunglückseligte Fassung des Klassikers später doch noch zur Veröffentlichung gebracht wurde, liegt wohl ausschließlich im Anspruche der Vollständigkeit der Complete Reprise
Studio Recordings begründet.

Werfen wir abschließend - mit Ihrer freundlichen Erlaubnis, meine sehr verehrten Leserinnen
und Leser - nun noch einen Blick auf die verschiedenen offiziell erschienenen Live-Versionen
des Titels (auf unautorisierten Tonträgern mag es freilich noch viele weitere Versionen geben):
Die erste uns vorliegende Version entstammt der DVD
Sinatra And Friends, ein TV-Special, welches anno 1977 ausgestrahlt wurde und in welchem Sinatra im Verbund mit musikalischen Gästen wie Tony Bennett, Natalie Cole oder John Denver zu Werke geht. Bei der hier zu hörenden Fassung von All Or Nothing At All läßt der Barde sich von der Country-Sängerin
Loretta Lynn unterstützen. Kaum zu glauben, aber Sinatra wagte es seinerzeit tatsächlich,
den Klassiker im umstrittenen Disco-Arrangement darzubieten - oh meine sehr geehrten Damen und Herren, es würde mich wenig wundern, wenn Ihnen angesichts dessen ebenso wie mir flau im Gekröse werden würde - es stimmt wahrlich traurig, mitanzuhören und mitanzusehen, wie einem Klassiker ohne Sinn und Verstand Gewalt angetan wird... je nun, wir wenden uns sichtlich angewidert ab und der nächsten Live-Version zu, welche diesmal nicht für eine Fernseh-Sendung sondern tatsächlich unter Live-Bedingungen, sprich im Rahmen eines Konzertes, entstand.

Das 1982 in der Dominikanischen Republik stattgehabte
Concert For The Americas gilt vielen Fans als eines der besten, wenn nicht überhaupt als das beste Sinatra-Konzert, welches bislang auf autorisiertem Bild- und Tonträger herausgebracht wurde. Dieser Befund scheint mir allerdings etwas zu euphorisch, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wie dem auch immer sein mag, Sinatra betreibt zunächst Geschichtsverfälschung, wenn er hier All Or Nothing At All als den ersten Song bezeichnet, den er als professioneller Schallplatten-Künstler zusammen mit der James-Band aufgenommen habe. Dem ist nicht so, wertes Publicum: Seine erste Aufnahme
mit dem Orchester von Harry James war natürlich - Sie wissen das alle - From The Bottom

Of My Heart. Wohlan, in mehr als vierzig Jahren trübt sich freilich die Erinnerung, somit sei
dem bejahrten Barden dieser Fehler verziehen... Sinatra bedient sich hier des swingenden Arrangements von Nelson Riddle und liefert eine mittelprächtige Interpretation ab, an der es
nicht viel zu loben oder zu kritisieren gibt. Einmal mehr fällt hier dem Zuhörer beim kurzen instrumentalen Zwischenspiel auf, dass Riddle seinerzeit bei diesem Teil starke Anleihen an seinem Arrangement von I´ve Got You Under My Skin gemacht hat - Sinatra sieht sich dabei vom Orchester so beflügelt, dass er sogar einige Tanzschritte wagt, ehe er zum Klavier geht, einen großen Schluck aus dem dorten abgestellten Glas nimmt und ihn - Sie werden es nicht glauben, ehe Sie es gesehen haben, meine Damen und Herren - unvermittelt auf die Bühne speit. Ein hochgradig ungustiöser Moment, den ich mir noch eingehender zu schildern freilich aus naheliegenden Gründen versage.

Die nächste Live-Version entstammt der anno 2008 auf den Markt gebrachten 4CD/1DVD-Box
Sinatra-Vegas und entstand im Jahre 1982 im Caesar´s Palace zu Las Vegas - einige Monate vor dem Auftritt in der Dominikanischen Republik, wenn Sie mir die Erwähnung dieses eigentlich eher unwichtigen Details freundlichst gestatten wollen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Diese Version will mir als die schwächste der hierorts besprochenen Live-Versionen des Titels erscheinen, Sinatras Stimme wirkt müde, er selbst zudem offenbar nicht allzu motiviert. Eine summa summarum eigentlich überflüssige Version.

Kommen wir nunmehr zur letzten uns zur Verfügung stehenden Konzert-Version von All Or Nothing At All, welche anno 1985 in der berühmten Budokan-Halle von Tokio mitgeschnitten wurde. Der Großteil des damaligen Auftritts kann übrigens auf der DVD
Sinatra In Japan nachverfolgt werden. Auch diese Version ist im Wesentlichen unauffällige Routine-Arbeit und unterscheidet sich kaum von der zuvor besprochenen drei Jahre früher entstandenen Fassung.

Fazit: Wertes Publicum, der Erst-Aufnahme des Titels mit der James-Band ist mit Sicherheit der Vorzug zu geben, sie überstrahlt alle folgenden Versionen - fürwahr ein leuchtendes Kleinod im Gesamtschaffen des anno 1998 verblichenen Barden. Von künstlerisch großem Wert ist auch die Studio-Version des Jahres 1961 - aber wie hätte Sinatra die Aufnahme von 1939 übertreffen sollen? Ein Ding der Unmöglichkeit, meine verehrten Leserinnen und Leser. Die Aufnahme aus dem Jahre 1966 ist freilich von weit geringerem künstlerischem Anspruch als die vorgenannten, kann aber immerhin durch das gefällig swingende Arrangement von Nelson Riddle punkten.


Vokal- und Instrumentalaufnahmen des Titels von anderen Künstlern (Auszug)
Interpret/Album-Titel/Jahr der Aufnahme bzw. Veröffentlichung:


Barry Manilow: Singin´ With The Big Bands (1994)
Al Marino: All Of Me (2001)
Frank Sinatra jr.: As I Remember It (1996)
Chet Baker: Chet Baker Introduces Johnny Pace (1958)
Richard Boone: The Singer (1968-88)
Anthony Braxton: Seven Standards (1995)
George Cables: I Mean You (1993)
John Coltrane: Ballads (1962)
Chris Connor: ´S Wonderful (1957)
Bill Henderson: With The Oscar Peterson Trio (1963)
Billie Holiday: Jazz Masters (1952-56)
Shirley Horn: The Main Ingredient (1995)
Diana Krall: Love Scenes (1997)
David Newton: Jazz Portrait Of Frank Sinatra (1995)
Doug Raney: Back In New York (1996)
Jimmy Scott: Over The Rainbow (2001)
Wayne Shorter: Wayning Moments (1962)
Mark Turner: Ballad Sessions (1999)
Sarah Vaughn: The Roulette Years (1960-64)
Charlie Watts: Long Ago And Far Away (1996)
Count Basie: 1939-40 (1994)
Frank Wess: Surprise, Surprise (1998)




Information:

Der Song kann in seinen verschieden- en Studio-Versionen auf folgenden Sinatra-Alben nachgehört werden.
Die Aufstellung erhebt jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit.


Version Numero Eins:
Complete Recordings 1939
A Voice In Time
sowie auf einer Unzahl von Billig- Samplern mit Aufnahmen aus der Frühzeit des Barden

Version Numero Zwo:
Sinatra & Strings

Version Numero Drei:
Strangers In The Night

Version Numero Vier:
The Complete Reprise
Studio Recordings