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“Basically, I'm for anything that gets you through the night - be it prayer, tranquilizers or a bottle of Jack Daniels.”

“Critics don't bother me because if I do badly, I know I'm bad before they even write it. And if I'm good, I know I'm good. I know best about myself, so a critic doesn't anger me.”

“The thing that influenced me most was the way Tommy played his trombone. It was my idea to make my voice work in the same way as a trombone or violin - not sounding like them, but "playing" the voice like those instrument- alists.”
Night And Day
(Text und Komposition: Cole Porter)

Aufnahmedaten der verschiedenen von Sinatra im Studio eingesungenen Versionen:
19. Januar 1942 (RCA)
22. Oktober 1947 (Columbia)
26. November 1956 (Capitol)
22. November 1961 (Reprise)
16. Februar 1977 (Reprise)

Sehr verehrte Damen und Herren, Sinatra ist bekannt dafür, manchen Song im Laufe seiner langen Karriere mehrfach aufgenommen zu haben. In gegenständlichem Falle begegnen wir dem fast einzigartigen Umstand, dass der Sänger sich eines Songs - nämlich Night And Day - in allen Phasen seiner Laufbahn angenommen hat: Egal ob Dance-Band-, Columbia-, Capitol- oder Reprise-Phase - für alle Labels entstand zumindest eine Studio-Version des Klassikers Night And Day. Der Umstand, dass sich alle Versionen grundlegend voneinander unterscheid- en, macht freilich den direkten Vergleich umso reizvoller.

Das Lied entstammt dem anno 1932 uraufgeführten Musical The Gay Divorcee, Text und Komposition entspringen der Feder von Cole Porter, einem der fleißigsten Zulieferer des Great American Songbook. Wie viele seiner Songs wurde auch Night and Day seither von unzähligen Interpreten vor allem auch aus dem Jazzbereich in vokalen und instrumentalen Fassungen auf- genommen und gilt heute berechtigterweise als Klassiker des Genres.

Sinatra trat schon Jahre bevor er seinen ersten Schallplattenvertrag unterschrieb, öffentlich vor Publicum, teils auch im Radio auf. Schon in dieser Zeit brachte er Night And Day zur Aufführ- ung und somit verwundert es kaum, dass er das Lied gleich bei seiner ersten Solo-Aufnahme- sitzung im Januar 1942 auf die Karte setzte. Folgende vier Songs wurden seinerzeit bei dieser historischen Gelegenheit aufgenommen: The Lamplighter´s Serenade, The Night We Called It A Day, The Song Is You sowie Night And Day.

Dieser Erst-Version, meine hochverehrten Leser und Leserinnen, gebe ich den Vorzug und
zwar mit großem Abstand vor jeder anderen mir bekannten! Wahrscheinlich werden die wenigsten von Ihnen davon überrascht sein und sehr wahrscheinlich werden die meisten zum selben Urteil gelangen. – Man ist beinahe geneigt, vor Verzückung in die Knie zu brechen!
Ein Quell der Labsal, ein niemals versiegender Brunnen der Erquickung! Wertes Publicum,
mit dieser ersten Studio-Aufnahme der Nummer stellte sich Sinatra den bestmöglichen Empfehlungsbrief für künftiges Schaffen aus. Sinatra findet hier zu der dem Song gemäßesten Interpretationsform. Unvergleichlich die Stimme des jungen Sinatra, wer Ohren hat zu hören, der höre! Dies ist Sinatra mit einer Leistung, die man noch in hundert Jahren preisen wird! Prachtvoll, hier hören wir den Sänger in seiner Blüte, hier wuchert er geradezu mit seinem außergewöhnlichen Talenten, welch ein Kontrast zu den welken Spät-Versionen, in denen von all dem nichts mehr spürbar ist und uns Sinatra eigentlich auch gar nicht mehr als Sinatra erscheint. In der Tat, ich weiß gar nicht recht, als was uns nun Sinatra 1977 bzw. 1986 (zu
den in diesen Jahren entstandenen Versionen weiter unten mehr) erscheint... am ehesten als blasses Abziehbildchen seiner Selbst, eine Legende, ja, das war er vielleicht, aber sicherlich kein großer Künstler mehr, eher ein alter Mann, der einst The Voice war.

Im Herbst 1942 kam es zu einer weiteren Aufnahm des Titels für einen Film, in welchem Sinatra mitwirkte - diese Aufnahme erschien vor geraumer Zeit innerhalb der 6-CD-Box

Sinatra In Hollywood. Auch diese Version geht Sinatra ausgezeichnet von der Hand, auch hier fängt er die Stimmung vorbildlich ein. Unweigerlich unterliegt man der Versuchung, sich
die Nummer gleich noch ein zwotes Mal zu Gemüte zu führen, auch hier lauscht man mit nicht geringer Ergriffenheit. In den nächsten Jahren brachte Sinatra Night And Day immer wieder bei Konzerten und auch im Radio zu Gehör. Manche dieser Versionen sind auch auf mehrheitlich inoffiziellen Tonträgern im Umlauf.

1947 nahm Sinatra das Lied erneut im Schallplatten-Studio auf, diesmal für das Label Columbia. Diese Balladen-Version des Titels wurde natürlich einmal mehr von Axel Stordahl arrangiert. Ganz ähnliche Ergriffenheit wie bei der RCA-Fassung bemächtigt sich des Hörers bereits nach den ersten Streicher-Klängen. Dennoch gelingt es Sinatra nicht so ganz, die wahrhaft königliche Erst-Fassung des Songs zu übertreffen. Aber dessen unerachtet ist freilich auch diese Aufnahme ein echtes Kleinod und schöner Beweis für die weitverbreitete Ansicht, der Sinatra der Columbia-Phase sei der beste Sinatra. Auch in seinen Radio-Shows griff Sinatra in den nächsten Jahren immer wieder auf Night And Day zurück, mitunter auch in verändertem Arrangement.

Die nächste für eine kommerzielle Schallplatten-Vermarktung bestimmte Version von Night

And
Day wurde im Spätjahr 1957 eingespielt, diesmal für das Label Capitol, bei welchem der Barde seit 1953 unter Vertrag war. Diese nun von Nelson Riddle orchestrierte Fassung hat nicht mehr das Geringste mit dem romantischen Stordahl-Arrangement der Früh-Fassungen gemein: Der Klassiker in völlig neuem Gewand – die Tiefe und Bedeutung des Songs geht hier leider verloren, es wird eine rasante Swing-Nummer daraus, die hervorragend arrangiert und von Sinatra gut gebracht wird. Diese Version - zu finden auf
A Swingin´ Affair - kann sehr gut gefallen, nur, wie erwähnt, Stimmung und Ausdruck des Songs gehen in diesem Arrangement verloren.

Ende des Jahres 1961 nahm Sinatra - nunmehr für das Label Reprise - den Song erneut für Schallplatte auf, bei dieser Gelegenheit wieder als von Don Costa luxuriös arrangierte Ballade.
Nicht Sinatras romantischste Version des Klassikers, aber sicherlich seine dramatischste.
Hier singt nicht mehr der Jüngling der RCA-Version, aber Sinatras wiewohl deutlich veränderte Stimme war zu Beginn der Reprise-Phase in ausgezeichneter Verfassung und diese Version
ist mindestens genauso beseelt wie die RCA-Fassung. Insgesamt gesehen, die zweitbeste Fassung des Songs, nicht zuletzt auch des glanzvollen Arrangements von Don Costa wegen. Meiner Treu, wenn da nicht die unerreichbare Erst-Aufnahme wäre, ich würde in der Tat diese Aufnahme aus
Sinatra And Strings auf das Siegespodest heben.

Viele Jahre später, anno 1977, entstand eine weitere Studio-Fassung von Night And Day,
die bis zu diesem Zeitpunkt wohl ungewöhnlichste: Der Song wurde diesmal im zeitgemässen Disco-Sound arrangiert - auf ähnliche Weise wurde seinerzeit auch der Klassiker All Or
Nothing At All von Sinatra geschändet. Das Ergebnis ist, wie unschwer vorauszusehen, ähnlich uner- quicklich. Diese Night-And-Day-Version wurde auch als Single veröffentlicht und erwies sich zurecht als kommerzieller Schlag ins Wasser. Auch in dem ebenfalls anno 1977 entstandenen TV-Special Sinatra And Friends brachte Sinatra diese entsetzliche Version zu Gehör. Die Studio-Aufnahme erinnert im Sound frappant an die Soundtracks diverser 70er-Jahre-Fernseh- Serien. Sinatras Stimme wurde mit ungemein viel Hall unterlegt und wird vom aufdringlichen Schlagzeug- und Perkussionsgewitter förmlich niedergeknüppelt. Sinatra wollte sich bewusst zeitgemäß geben, ist aber in dieser musikalischen Umgebung ganz und gar fehl am Platz – ein musikalisches Experiment, welches Sinatra nicht nur künstlerisch sondern auch kommerziell völlig danebenging. Aus diesem rumpelnden, polternden Arrangement tritt uns schmähliche Verachtung einem Klassiker gegenüber entgegen. Diese Version kann man – wie auch jene, welche uns auf Sinatra And Friends zugemutet wird – ruhigen Gewissens ins Feuer werfen, jawohl ich sage: Ins Feuer damit!

Vor allem die Studio-Version (1977) sollte man so selten wie irgend möglich hören - einmal vielleicht, um sie zu kennen und ein zweites Mal, um sich zu vergewissern, dass man doch nicht schlecht geträumt hat.

Dann aber sofort ins Feuer damit, hinwegtilgen vom Angesicht der Erde, auf dass sie Sinatras künstlerische Reputation nicht mehr länger aufs Unfasslichste schädige! In der Tat: Reine Zeitverschwendung angesichts der viel ansprechenderen Fassungen, die uns aus den Jahren zuvor vorliegen. Über den kommerziellen Misserfolg dürfen wir ein gerüttelt Maß an Genugtuung empfinden, denn dadurch blieben uns weitere derartige Experimente (womöglich gar ein ganzes Album in diesem Sound) erspart. Je nun – mit Anhören dieser verhunzten Fassungen haben
wir nunmehr das Schlimmste hinter uns gebracht und dürfen uns auf die eine oder andere geglückte Live-Version freuen.

Offizielle Live-Fassungen des Songs sind nachzuhören auf:

CD Live In Australia
CD Sinatra And Sextet Live In Paris
VHS Sinatra The Voice The Event
CD/DVD Sinatra Vegas

Zur Version aus dem Album
Live In Australia: In dieser Version mit der langen Instrumental- Einleitung ist eher der Vibraphonist Red Norvo der Hauptakteur. Sinatra liefert eine zunächst
sehr entspannte Interpretation und hält sich eher im Hintergrund, bis er dann im letzten Drittel, nachdem die Band mit einsteigt, deutlich aufs Gaspedal tritt. Insgesamt gelungen, aber nicht eben herausragend. Die bescheidene Klangqualität dieses Mitschnitts erschwert zudem eine Beurteilung von Sinatras gesanglicher Leistung. Eine weitere Live-Version können Sie, meine
sehr verehrten Damen und Herren, auch auf dem Album
Sinatra And Sextet Live In Paris nachhören: Diese Fassung ist für Sinatra sehr ungewöhnlich, weil nur mit Gitarrenbegleitung vorgetragen. Unter Studiobedingungen hätte diese Variante unter Umständen ein echtes Highlight werden können, hier allerdings – gegen Ende einer ausgedehnten Tournee – ist
die Stimme des Sängers nicht mehr in der wünschenswertesten Verfassung und klingt streckenweise reichlich spröde. Zudem: ganz ohne weitere Instrumente büßt der Song
– so scheint mir - einiges an Ausstrahlung ein.

Eine reinrassige Jazz-Version - nur von Klavier, Bass, Schlagzeug und Gitarre begleitet - hören
wir auf der 4CD/1DVD-Box
Sinatra-Vegas. Diese swingende Aufnahme entstand im Caesar´s Palace anno 1982. Leider erweist sich hier Sinatras Stimme vor allem in der ersten Hälfte
als entsetzlich brüchig, sodass diese Fassung eigentlich nur als vergeigt bezeichnet werden kann. Jawohl meine sehr verehrten Damen und Herren: vergeigt, und wenn Sie es hundert Mal
nicht gern hören, diese Fassung ist vergeigt, vergeigt, vergeigt.

1986 gab Sinatra ein Konzert in Mailand, welches in mehreren Ländern im TV ausgestrahlt wurde, später erschien auch ein VHS-Video des Konzerts. Eine DVD-Veröffentlichung ist nach wie vor ausständig, was mutmaßlich an komplizierten Rechtsfragen liegen dürfte. Bei diesem Konzert brachte Sinatra auch Night And Day zu Gehör und zwar in der von Nelson Riddle arrangierten Swing-Fassung. Wenn ich diese Version höre, ist mir offen gestanden gar nicht recht wohl zumut. Oh, was für eine schnarrende, brüchige Stimme, kurzatmig, verwüstet von Alkohol, Zigaretten und schleichend einsetzender Greisenhaftigkeit – vom großen Künstler der früheren Jahre blieb hier nur mehr ein undeutliches Schemen, kaum mehr erahnbar, welch überragender Sänger Sinatra dereinst einmal war. Alles, was ehedem Sinatras Stimme ausmachte, war veschwunden, untergegangen im Nebel der Zeiten... Glücklich zu preisen
all jene, welche diese verunglückte Spät-Version nicht kennen!

Fazit Ihres Prinzipals: Diese Nummer kann ganz zu Recht als einer der großen Sinatra- Klassiker gelten. Ein wunderbarer Song von zeitloser Schönheit, der nie an Faszination verlieren wird. Davon abgesehen wird es wohl von kaum einer anderen Sinatra-Nummer derart viele verschiedene Studio-Aufnahmen geben. Die Aufnahmen, die mir aus den Jahren nach 1965 vorliegen, fallen allerdings sehr stark ab und können sich mit den früheren Aufnahmen
in keinster Weise messen. Auch ist dieser Song ein Beispiel für Sinatras Bereitschaft, auch einmal ausgetretene Pfade zu verlassen und ein Lied in immer neuen, gänzlich verschiedenen Varianten zur Aufführung zu bringen.


Vokal- und Instrumentalaufnahmen des Titels von anderen Künstlern (Auszug)
Interpret/Album-Titel/Jahr der Aufnahme bzw. Veröffentlichung:



Etta James: Time After Time (1995)
Eartha Kitt: Standards/Live (1992)
Sergio Mendes: The Essential (1986)
Willie Nelson: Night And Day (2000)
Cole Porter: Anything Goes (1927-48)
Frank Sinatra jr: As I Remember It (1996)
101 Strings: Cole Porter - Night And Day (1996)
Lisa Ekdahl: Back To Earth (1999)
Lena Horne: Forever Gold (2000)
Fred Astaire: Cocktail Hour (2000)
Vic Damone: Collector´s Edition (2000)
Tony Bennett: The Essential (1951-96)
Dave Brubeck: Vol1 & 2 (1965-66)
Barbara Dennerlein: Plays Classics (1988)
Duke Ellington: Indigos (1957)
Bill Evans: Everybody Digs Bill Evans (1958)
Ella Fitzgerald: The Cole Porter Songbook (1956)
Erroll Garner: Somebody Loves Me (1945-47)
Stan Getz: At Large (1960)
Dizzy Gillespie: In Paris (1952-53)
Benny Goodman: 1939 (1939)
Stephane Grappelli: Live At The Blue Note (1995)
Coleman Hawkins: The Ultimate (1944-57)
Earl Hines: Plays Cole Porter (1974)
Billie Holiday: The Best Of Billie Holiday (1939-58)
Anita O´Day: Anita Swing (1959)
Charlie Parker: The Cole Porter Songbook (1950-54)
Oscar Peterson: The Song Is You (1952-59)
Bill Ramsey: Gettin´ Back To Swing (1994)
Django Reinhardt: Classic Recordings (1938-39)
Sonny Rollins: The Standard Sonny Rollins (1965-80)
Dinah Shore: Dinah´s Show Time (1944-47)
Art Tatum: The Best (1983)





 
Infornation:

Der Song kann in seinen verschiedenen Studio-Versionen auf folgenden Sinatra-Alben nach- gehört werden. Die Aufstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Version Numero Eins:
The Song Is You
sowie auf einer Unzahl von Billig- Samplern mit Aufnahmen aus der Frühzeit des Barden

Version Numero Zwo:
Complete Recordings 1943-52
Best Of Columbia Years
A Voice In Time
Sinatra Sings Cole Porter

sowie auf einer Unzahl von Billig- Samplern mit Aufnahmen aus der Frühzeit des Barden

Version Numero Drei:
A Swingin´ Affair
The Capitol Years

All The Best
The Platinum Collection

Version Numero Vier:

Sinatra And Strings
The Reprise Collection


Version Numero Fünf:

The Complete Reprise
Studio Recordings