ZUR PERSON     MUSIK     FILM     LEUTE     EXTRA     SERVICE     FORUM     NEUES     GÄSTEBUCH     NEUERSCHEINUNGEN
 
“Basically, I'm for anything that gets you through the night - be it prayer, tranquilizers or a bottle of Jack Daniels.”

“Critics don't bother me because if I do badly, I know I'm bad before they even write it. And if I'm good, I know I'm good. I know best about myself, so a critic doesn't anger me.”

“The thing that influenced me most was the way Tommy played his trombone. It was my idea to make my voice work in the same way as a trombone or violin - not sounding like them, but "playing" the voice like those instrument- alists.”
Zum Thema „später Sinatra“

Den würdevollsten Abgang hätte Sinatra meiner bescheidenen Meinung nach gehabt, wäre er nach 1970 der Konzertbühne ferngeblieben. Vor allem die Tourneen unmittelbar nach dem Retirement from Retirement waren von erschreckendem Niveau, siehe auch den völlig inakzept- ablen
Main-Event-Mitschnitt. Obwohl man diese Live-CD aus verschiedensten Konzerten zusammengeschustert hat, ist aus dem ganzen damals aufgenommenen Material keine
auch nur annähernd zufriedenstellende CD geworden. Das spricht wohl Bände...

Später, meine sehr geehrten Damen und Herren, kam er wieder etwas besser in Form, so
dass die meisten Konzerte, wenn schon nicht seinen Leistungen der 60er Jahre entsprechend, zumindest keine Schande waren – soweit man keine Vergleiche mit seiner früheren Form zieht. Die
80th Live-CD, welche ja bekanntlich großteils aus dem 87er-Dallas-Konzert besteht, kann man sich, wenn man beide Augen zudrückt und auch sonst guter Laune ist, immerhin noch gefallen lassen. Aber nach 1987 – oftmals ein Jammer...Wenn man sich z.B. das Ultimate- Event-Video zu Gemüte führt, ist man von Sinatras „Leistung“ ehrlich bestürzt. Ist sein Auftritt dort eigentlich „aus einem Guss“ oder wurde er auch zusammengestoppelt? Das wäre schlimm, wenn man auch aus allen Mitschnitten dieser Tour nichts besseres hätte machen können als diese müde Vorstellung ohne jeden Elan - Sinatra scheint ja beinahe einzuschlummern!

Für die Tourneen der 90er-Jahre kann es jedoch keine Entschuldigung geben, diese Auftritts- serien hätte es eindeutig nicht mehr geben dürfen, hier bekam der Zuseher für die teuer erkauften Tickets eine recht dürftige Gegenleistung, ja wurde meiner Ansicht nach fast schon schlicht geprellt. Das war wohl auch der Plattenfirma klar, denn obwohl man 1993/94 fleißig mitgeschnitt- en hatte, veröffentlichte man lieber das 87er-Konzert als 80th Live. Aus den 1993/94er-Konzerten hätten die Toningenieure ja praktisch Satz für Satz bzw. Wort für Wort aus verschiedenen Auftritten zusammenschneiden müssen, um eine annähernd brauchbare CD daraus zu machen, das war ihnen aber wohl doch eindeutig zu umständlich. Bei
Duets 2 wurde ja bei einigen Songs so gearbeitet – aus verschiedenen live aufgenommenen Songs wurde ein brauchbarer Take zusammengeschnitten und später mit dem Gesang der jeweiligen Duett-Partner und dem neu eingespielten Orchestral-Track unterlegt.

Seit im Internet zu Sinatra diskutiert wird, ist es eine alte Streitfrage, wann denn Sinatra eigentlich hätte aufhören sollen, manche meinen gar, es wäre gut so, dass Sinatra bis 1995 Konzerte gab...

Je nach dem was einem besser gefällt, der junge, der mittlere oder der alte Sinatra kann man 100 Gründe anführen, warum einem der alte Sinatra besser gefällt und genauso gut wieder 100 Gründe die gegen den alten Sinatra sprechen. Beide Ansichten haben ihre Berechtigung...

- - - Je nun, ich glaube fast, der alte Sinatra wird weniger an seinen tatsächlichen Leistungen gemessen, sondern eher an der Legende und dem Mythos der ihn umgibt. Was seine tatsäch- liche Leistung betrifft, war er ab 1970 (für mich jedenfalls) nur mehr ein Schatten seiner Selbst. Ein Satz noch zum L.A. is my lady-Album: Ich kann mir nicht vorstellen, dass
L.A. Is My Lady irgendjemand gefallen würde, wenn NICHT Sinatra draufstehen würde... Außer How Do You Keep The Music Playing ist auf dem Album meiner Ansicht nach kein einziger wirklich annehmbarer Song. Die Songs sind zwar größtenteils gut, aber Sinatra ist ganz einfach schlecht. Nachdem Sinatra bei der 86er Neuaufnahme von Mack The Knife wesentlich besser ist als auf der 84er- Version, nehme ich an, dass er 86 vielleicht auch die anderen Songs besser gebracht hätte als 1984. Daher neige ich der Ansicht zu, dass L.A. Is My Lady zum falschen Zeitpunkt aufge- nommen worden ist. Sinatra war 84 nicht nur außergewöhnlich schlecht bei Stimme, sondern offensichtlich auch noch ziemlich lustlos bei der Sache, und das macht das Album so schlecht. Man höre einmal die Mack The Knife -Version vom 94er-Album Duets 2: Hat Sinatra bei dieser Aufnahme, obwohl 78jährig, nicht bei weitem mehr „Biss“ als auf der 84er-Aufnahme?

Erklärenderweise muss auch einmal festgehalten werden, dass auf der CD-Version von L.A.
Is
My Lady die 86er-Version von Mack The Knife enthalten ist. Die 84er Version war nur auf
der LP-Ausgabe drauf und ist ansonsten auf keinem Tonträger erhältlich, ja nicht einmal im Complete-Reprise-Koffer enthalten. Die 84er-Version von Mack The Knife ist pures Laudanum, wie die ganze Platte. Sinatra bemüht sich bei keinem Song, sondern spult sein Programm lustlos herunter. Wenn man schon eine neue Platte aufnimmt, sollte man sich wenigstens anstrengen, ein passables Produkt abzuliefern, ansonsten hat man es, bei allem Respekt, bleiben zu lassen. Die Leute, die dafür zahlen, haben das Recht, dass der Künstler sich Mühe gibt. Sinatra hat auch vorher schon Plattenprojekte abgebrochen, die aber wahrscheinlich um einiges besser gewesen wären als der entsetzliche 84er-Ramsch.

Mitunter hört man auch Aussagen von Fans, welche sich darauf berufen, der ältere bzw. ganz alte Sinatra mit seiner brüchigen Stimme habe eine größere Nähe zum Jazz gehabt und zwar gerade seiner späteren stimmlichen Unvollkommenheit wegen. Ich selber bin ja ein großer Jazz-Fan, der seinen Weg zum (ernsthaften) Sinatra-Hören auch auf diesem Umweg gefunden hat. Dass im Jazz improvisiert wird und in erster Linie der Ausdruck vor der technischen Perfektion steht, ist eine Binsenweisheit, die aber meiner Ansicht nach heute gar nicht mehr
die Gültigkeit hat, welche sie in den ersten Jahrzehnten des Jazz hatte. Heutzutage sind die Musiker der jüngeren Jazz-Generation allesamt technisch und akademisch perfekt ausgebildet, im Gegensatz zu vielen Pionieren des Jazz, welche zumeist nur eine eher unvollkommene Ausbildung genossen haben bzw. teilweise gar Autodidakten waren. Es soll hier glaube ich betont werden, dass Jazz nicht zwangsläufig „unperfekt“ im Sinne von „nicht wirklich professionell“ ist.

Aber dass den Aussagen mancher Fans zufolge jetzt sozusagen der Jazz herhalten muss, um die Gedächtnislücken und das stimmliche Versagen des ganz späten Sinatra zu entschuldigen, geht weit am Problem vorbei. Für den eingeschworenen Fan mag mein nächster Satz sicher hart klingen: Das Problem nämlich ist, dass (allerspätestens) der Sinatra der 90er-Jahre als Live- Performer nicht mehr in der Lage war, seinen Beruf so auszuüben, wie es ein  Konzert-Karten- käufer mit Fug und Recht erwarten darf. Ein eingeschworener Fanatiker mag seine Freude daran haben, wie der gesundheitlich angeschlagene alte Mann mit brechender, versagender Stimme einen Song vorträgt, aber ein „normaler“ Musikfreund kann sich da wirklich keinen Genuss mehr herausdestillieren... Alles was recht ist, aber bei diesen letzten „Unglückstourneen“ hat Sinatra leider ein gut Teil seiner Würde verloren, wenn er manchmal offenbar ohne recht zu wissen, wo er überhaupt war und ohne sich des Ablaufs des Konzerts so recht gegenwärtig zu sein, sich in seinen Songs trotz Text-Monitoren verhaspelte und bei seinen freien Zwischenansagen über fast jedes zweite Wort stolperte. Und ich frage mich – und ich denke, zumindest einige hier können meinem Gedankengang hierbei folgen – ich frage mich also: War das wirklich notwendig, dass er sich das noch zugemutet hat?

Immer wieder hört man: „Ja aber dann hätten wir und all die anderen Leute Sinatra nie live sehen können...“. Das ist doch – Verzeihung - ein lächerliches Argument, irgendwo muss ja auch mal Schluss sein, dann hätten eben die Leute in den 90ern keinen Sinatra mehr gesehen, das ist der Lauf der Dinge, meinetwegen die Strafe für die Zu-Spät-Geborenen. Wenn ich sage, Sinatra hätte in den 90ern keine Auftritte mehr machen sollen, dann zeige ich eigentlich mit dieser Aussage mehr Interesse an der Würde des Menschen Sinatra, als jene, die da meinen, sie würden sich Sinatra auf jeden Fall und unter allen Umständen ansehen wollen. Es ist aber kein Vergnügen und kein bisschen Zauber des Moments liegt darin, einem offensichtlich kranken, alten Mann zuzusehen, wie er seine Legende zu Grabe trägt. Da sollte man sich doch keinen Illusionen hingeben...

Überhaupt glaube ich, man sollte Sinatra, dem alten wie dem jungen, möglichst ohne „Helden- verehrung“ gegenübertreten, denn diese trübt manchmal schon den Blick fürs Wesentliche, wie ich meine. Sinatra´s schlechte Verfassung und Texthänger bei späten Konzerten in die Nähe der Improvisation zu rücken und zu meinen, seine mitunter katastrophale stimmliche Verfassung sei in ihrer ganzen Brüchigkeit womöglich gar „faszinierend“, also wirklich - solche Verklärungen sind schon ein bisschen sehr durch die rosa Brille gesehen. Wirklich und wahrhaftig, es wäre meiner Meinung nach viel besser gewesen, man könnte sagen: „Sinatra hat 1985 eine ausverkaufte Welttournee gegeben und sich dann von der Bühne zurückgezogen.“ anstelle von „Sinatra hat weitergemacht, buchstäblich bis zum Umfallen (nämlich Richmond 1994), konnte seine Texte nicht mehr behalten, redete öfters wirres Zeug und...und...und.“ Also, für mich waren die letzten Tourneen leider, leider ein schmählicher Abgang, der einen sehr unschönen Schatten auf Sinatras musikalisches Lebenswerk wirft.

Es ist völlig legitim zu sagen, der alte Sinatra war sooo haarsträubend schlecht auch wieder nicht und besser als die meisten anderen Sänger war er immer noch. Wer solcherlei meint,
wird auch seine Gründe dafür haben - Für mich jedenfalls gilt: Ich bin ein Anhänger des Sinatra der Jahre 1945-1965, das war für mich seine beste Zeit, bis 1970 hat er fallweise noch was zustandegebracht (z.B. Ellington-Album, Jobim-Album) aber später war er für mich persönlich
nur mehr ein blasses Abziehbild... in 100 Jahren wird Sinatra in einem Musiklexikon sehr wahrscheinlich auch nicht wegen
Ol´ Blue Eyes Is Back oder L.A. Is My Lady Erwähnung
finden, sondern wegen seiner grandiosen Concept-Alben bei Capitol.

Noch einmal, um Mißverständnissen vorzubeugen: Was einem gefällt oder nicht gefällt, was besser oder schlechter ist, muß natürlich jeder Hörer für sich selbst entscheiden, aber für mich bleibt weiterhin unumstößlich Fakt, Sinatra konnte spätestens ab 1970 definitiv nicht mehr singen, nicht nur gemessen an seinen Leistungen der 30er und 40er, sondern ganz allgemein – die Sinatra-Fans (und ich zähle mich auch dazu, nur habe ich mir Kritikfähigkeit bewahrt) - wollen das natürlich fast nie wahrhaben, weil, wie mir scheint, die Begeisterung für Sinatra oft auch den Blickwinkel trübt. Vielfach wird dann stimmliches Versagen durch Begriffe wie „gereifte Stimme“ u.ä. ersetzt. Ein Nicht-Fan aber wird ohne Weiteres zugeben, dass Sinatra in jungen Jahren ein toller Sänger war, jedoch wird ein Nicht-Fan niemals sagen, der etwa 65jährige oder noch ältere Sinatra könne gut oder wenigstens leidlich singen. Man vergleiche nur einmal die frühe Version von Everthing Happens To Me mit jener aus 1981 – da braucht man in der Tat nicht mehr viel hinzufügen! Die 81er-Version ist ein gutes bzw. wirklich trauriges Beispiel für den Verlust aller derer Qualitäten, die Sinatra groß gemacht haben. Jeder oder doch fast jeder x-beliebige über 60jährige könnte das Lied mindestens genauso gut bzw. schlecht singen, dazu bedarf es keines Sinatras!

Überhaupt muß man doch gelten lassen, dass bei kaum einem anderen Sänger oder einer Sängerin im Lauf der Zeit die Stimme derart nachgelassen hat wie bei Sinatra, ausgenommen vielleicht Billie Holiday, aber das hatte bekanntermaßen Gründe, die für Sinatra nicht gelten.
Es gibt eine ganze Anzahl von Sängern in reiferem Alter, aber die meisten haben im großen
und Ganzen ihre stimmlichen Fähigkeiten sehr wohl beibehalten, nicht so Sinatra - woran liegt´s?
Mit einigem Augenzudrücken kann man Sinatra noch von 1960 bis ca. 1965 als guten, oft sogar sehr guten Sänger durchgehen lassen, wenn auch nicht als den einzigartigen Sänger, der er in den 30er, 40er 50ern war. Alles spätere (nach 1965) jedoch ist oftmals wirklich qualitativ weit hinter den Leistungen seiner Glanzzeit und nicht selten sogar schlecht. Warum wohl hat Sinatra von 1974 an bis 1979 fast nichts aufgenommen? Warum wohl wurde das sagenumwobene Ladies-Album nicht fertiggestellt? Mit Nelson Riddle und etwaigen Zerwürfnissen zwischen Sinatra und seinem Arrangeur hat das nichts zu tun, sondern mutmaßlich mit der Tatsache, dass Sinatras Stimme nicht durchgehalten hat. Man höre sich die Handvoll Aufnahmen dieser Sessions an, drüber legt man wirklich besser den Mantel des Schweigens – vor allem über Linda und Sweet Lorraine bin ich ehrlich bestürzt. Aus diesem Grund wurde natürlich auch nichts aus dem Lena-Horne-Projekt, welches 1982/83 geplant war.

Zugegeben,
Trilogy ist stimmlich etwas besser, aber sicher wurde da mit technischen Mitteln kaschiert, was nur möglich war. Bei Shot Me Down hat das ja dann auch nichts mehr genutzt, wie man leider nachhören kann. Eigentlich traurig und realitätsverweigernd, eine Platte wie She Shot Me Down zu machen, wenn man alle technischen und gesanglichen Fähigkeiten, die für eine solche ambitionierte (das ist sie nämlich zweifelsfrei) Platte vonnöten sind, nur mehr frag- mentarisch bzw. gar nicht mehr hat...Was für eine schöne, wunderbar ergreifende Sinatra-Platte wäre das noch in den frühen 50ern geworden! Die Songs sind (manche zumindest) Juwelen, die Arrangements großartig, dicht, stimmungsvoll, einfach genial! Dennoch gelingt dem Barden außer dem Medley The Gal That Got Away/It Never Entered My Mind und A Long Night nichts...  L.A. Is My Lady dann war der negative Offenbarungseid: Nichts geht mehr, rien ne va plus – aus und vorbei. Ein annehmbar gesungenes Lied (How Do You Keep The Music Playing - eigentlich mehr gesprochen als gesungen, aber zugegeben doch ganz eindrucksvoll) kann nicht eine ganze Platte rechtfertigen! Diese Platte, für mich Sinatras Vermächtnis, denn Duets war ein „Unfall“, ist ebenso unnötig wie missglückt, da hilft weder George Benson noch Quincy Jones. Nicht einmal der smarte und clevere Q konnte da retten, was nicht mehr zu retten war!

Die Duets-Platten sind dann ja wirklich – ich meine da können sich die Sinatra-Freunde in aller Welt einig sein – nur mehr für Hardcore-Fans, ein normaler Musikfreund kann sich das wirklich nicht mehr zumuten. Dass sich die Platte(n) schlussendlich so gut verkauft hat, ist im wesent- lichen Verdienst der Partner, die man wohlweislich aus allen erdenklichen Musik-Kategorien zusammengesucht hat, um nur ja die allerbreitesten Käuferschichten ansprechen zu können.
Ich denke diese Platten wurden nur gemacht, um mit Sinatra noch schnell ein weiteres Mal
einen Reibach zu machen, solange er noch am Leben war.

Man höre sich einmal einige Aufnahmen der Columbia-Phase an, darauf dann direkt die Duets- Songs, und man wird wissen, was ich meine. Natürlich bleibt keiner ewig jung und stimmliche Fähigkeiten lassen im Lauf der Zeit nach, aber dann muß man als Künstler auch erkennen, wann Schluß ist, bevor man anfängt, nur ein Schatten seiner Selbst zu sein. Zu den Konzerten der 90er Jahre kamen die Leute doch hauptsächlich weil das ein gesellschaftlicher Anlaß war, wegen seiner Stimme allein sind vermutlich die Wenigsten hingegangen. Die letzten Auftritte waren eine unnötige Strapaze, die Sinatras Ruf, den er seinerzeit ganz zu recht hatte, zunichte machten.
 
Sinatra, der Patriot

Sinatra war Patriot und hat
die Flagge der USA stets hochgehalten - nicht weiter verwunderlich - verdankte er doch seinem Land und den Bewohnern vieles, ja alles. Sogar bei einem Album mit ausschließlich patriotischem Liedgut hat er sich beteiligt: America I Hear You Singing
aus dem Jahre 1964 beinhaltet fünf von Sinatra gesungene Titel, ebenso liegt eine Sinatra- Aufnhame von America The Beautiful vor.

Sinatras Patriotismus scheint mir im wesentlichen ein ehrlich- er gewesen zu sein, wenn- gleich er nun doch nicht so groß war, dass er sich aktiv im WK II beteiligt hätte. - Die Geschichte seiner Untauglich- keit wegen eines angeblichen Trommelfell-Schadens kennt jeder, aber ich kann mir auch gut vorstellen, dass da ein ärztliches Gutachten getrickst wurde, um den kommenden Star nicht vorzeitig irgendwo
in Übersee oder Europa zu verlieren... Wie auch immer, wenn da getrickst wurde, bin ich der letzte, der ihm das
übel nehmen würde...


Patriot war er sicherlich, und nicht ohne Grund: In welchem Land der Welt hätte Sinatra eine ähnlich beispiellose Karriere machen können?
Was mir selber doch etwas missfällt, sind aber die plakat- ive Zurschaustellung patriot- ischer Gefühle bei Konzerten wie beispielsweise in der Einleitung zu The House I Live
In vom Main Event-Album. Man geht ja eigentlich ins Konzert, um Sinatra singen zu hören und nicht, um sich solche Patrioten-Sprüche und Amerika-Lobhudelei anzuhören... wie auch
immer...

Ansonsten scheint mir Sinatra überhaupt eine Art Spiegelbild Amerikas zu sein und zwar mit all den Licht- und Schatten- Seiten, die auch Amerika auszeichnen.


Da ist Sinatra, der praktisch von ganz unten an die Welt- spitze des Entertainments vorstieß und dort Amerika, dass vom halbzivilisierten Einwanderer-Kontinent zur größten Super-Macht wurde.

Da ist Sinatra, der generöse Spender, dort Amerika etwa mit seiner Hilfe beim Wiederaufbau Europas.

Da ist Sinatra, der Umgang pflegte mit Gangstern, dort Amerika, das Diktatoren in Süd- und Mittelamerika in den Sattel half und dafür sorgte, dass sie möglichst lange an der Macht blieben.

Es mag noch mehrere Beispiele dieser Art geben.


Sinatras persönliches Engage- ment für diverse Politiker hat ihm, wie man weiß, mitunter Schelte eingebracht. Ich glaube, Sinatra war, als er
ins republikanische Lager überwechselte, nicht so sehr von der Politik der Demokraten, als vielmehr von deren führend- en Köpfen enttäuscht – die Kennedys verhielten sich
anbetrachts dessen, was sie Sinatras Einsatz vor diversen Wahlen teils zu verdanken hatten, nicht immer sehr dankbar und dürften ihn menschlich enttäuscht
haben.

Daher wohl die Abkehr. Andererseits, was ist das für ein Bild in der Öffentlichkeit, wenn Sinatra bildlich gesproch- en am Montag mit einem Mafia- Boss und am Dienstag mit
dem amerikanischen Präsident- en fotografiert wird...

Verständlich, dass die Kennedys da etwas kühl
zu werden begannen.


Seinen Einsatz für Richard Nixon hat Sinatra dann jahre- lang mit schlechter Presse bezahlen müssen und auch sein Naheverhältnis mit einem Erzkonservativen wie Ronald Reagan hat ihm zumindest in einigen Gesellschaftsschichten viele Sympathien gekostet.

Die Unterstützung obgenannter beider Herren führt auch heute noch bei vielen Menschen zu
reflexartigen Missempfindung- en, sobald nur der Name
Sinatra fällt.