“Music is your own experience, your thoughts, your wisdom. If you don’t live it, it won’t come out of your horn. They teach you there’s a boundary line to music. But, man, there’s no boundary line to art.”
Charlie Parker
“I never thought that the music called “jazz” was ever meant to reach just a small group of people, or become a museum thing locked under glass like all the other dead things that were once considered artistic.”
Miles Davis
Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Platte ist das direkte Vorgänger-Album der ausgesprochen erfolgreichen Erscheinung The Look Of Love, welche der kanadischen Sängerin und Pianistin endgültig zum Durchbruch verhalf und überdies auf ganz enorme Verkaufszahlen verweisen kann.

When I
Look In Your Eyes war 1999 ebenfalls ein ganz beachtlicher Erfolg und ist zudem zweifelslos die eindeutig bessere Platte. Der süßlich-klebrige Einsatz von Streichern, welcher
die Produktion The Look Of Love für Jazz-Puristen beinahe schon ungenießbar, wenn auch kommerziell sehr erfolgreich werden ließ, fällt zwar auch hier bereits unangenehm auf, aber gottlob wird das Orchester auf dieser Platte aus dem Jahre 1999 etwas dezenter eingesetzt
und ist zudem nur auf etwa der Hälfte der Songs zu hören.

Weiters macht eine sehr gut ausgewogene Mischung aus Balladen und Up-Tempo-Nummern dieses Album sehr viel abwechslungsreicher als den aktuellen, leider doch eher eintönigen Millionen-Seller. Die Sängerin vermag zwar auch bei Balladen durchaus zu überzeugen, jedoch gefallen zumindest mir persönlich die lebhafteren Stücke noch um einiges besser.

Mit rein schulmäßigen Kriterien betrachtet, gibt die Stimme von Diana Krall eigentlich nicht besonders viel her, aber es gelingt ihr ausgezeichnet, mit ihren eher limitierten Fähigkeiten den maximalen Effekt zu erreichen. Ein Musikkritiker hat ihre Stimme unlängst mit blumigen Worten als "Whiskey mit einem Tropfen Honig" bezeichnet - ich wage mir zwar gar nicht vorzustellen, wie das schmecken würde - aber als Bild ist dieser Vergleich vielleicht nicht ganz ungeeignet.
Ich persönlich ziehe Diana Kralls Stimme der Stimme einer seelenlosen Oktaven-Olympionikin wie der reichlich überschätzten, in jüngster Zeit ebenfalls sehr populären
Jane Monheit  jedenfalls bei weitem vor. Diana Kralls Stimme hat wesentlich mehr Eigenständigkeit und Charakter als die Stimmen der meisten gegenwärtigen jungen Jazz-Sängerinnen, wenngleich der Einfluss einer Shirley Horn unverkennbar ist.

Die besten Stücke dieses Albums sind neben der gelungenen Titelnummer, wie schon ange- deutet, vor allem die schnelleren Titel wie Devil May Care, Popsicle Toes, I Can´t Give You Anything But Love oder auch Pick Yourself Up. Vor allem bei letzterer Nummer beweist die Sängerin, dass auch aus einem belanglosen Liedchen einiges herauszuholen ist, sofern man
nur weiß, wie. Sinatra hat dieses Lied seinerzeit auf dem Album
Sinatra And Swingin´ Brass gesungen, hat das Lied damals aber verglichen mit dieser Version ziemlich verhunzt, wie er ja damals auf dem gesamten Album sehr deutlich unter seinen eigentlichen Fähigkeiten zurück- blieb.

Überhaupt, meine sehr verehrten Damen und Herren, gibt es auf diesem Album von Diana Krall auffallend viele Nummern, die auch von Sinatra interpretiert wurden. Die für Sinatra-gewohnte Ohren ungewöhnliche Balladenfassung des Klassikers I´ve Got You Under My Skin
kann unter Umständen sogar besser gefallen als das "Original" von The Voice.

Das einzig unangenehme an When I Look In Your Eyes ist der Einsatz von Streichern, Diana Krall kommt meiner Ansicht nach bei sparsam arrangierten, schnellen Trio-Stücken bei weitem besser zur Geltung, aber ganz offensichtlich wollte man hier einen kommerztauglichen Star aufbauen, eine Rechnung, die, wie man inzwischen weiß, ganz und gar aufgegangen ist.

Insgesamt gesehen eine Platte, die man Jedem, der an den Songs des Great American Songbook Gefallen hat, fast ohne Einschränkung empfehlen kann und bei der nicht nur Jazz-Freunde auf ihre Kosten kommen. In der Tat erfreut sich Madame Krall gerade bei
Hörern, welche dem Jazz ansonsten nicht allzusehr zugeneigt sind, hoher Beliebtheit, ein
Umstand, der ihr außerordentlich gute Charts-Platzierungen beschert. Manche Kritiker
werfen der Sängerin auch vor, sich zu sehr vom Kommerz vereinnahmen zu lassen - je
nun, auf dieser Veröffentlichung jedenfalls bleibt das Verhältnis von Jazz und Kommerz
noch sehr ausgewogen

Bewertung:  sehr gut 
DIANA KRALL: When I Look In Your Eyes
Songs
Let´s Face The Music And Dance
Devil May Care
Let´s Fall In Love
When I Look In Your Eyes
Popsicle Toes
I´ve Got You Under My Skin
I Can´t Give You Anything But Love
I´ll String Along With You
East Of The Sun
(And West Of The Moon)
Pick Yourself Up
The Best Thing For You
Do It Again
Why Should I Care

Musiker
Russell Malone - Gitarre
John Clayton - Bass
Ben Wolfe - Bass
Jeff Hamilton - Schlagzeug
Lewis Nash - Schlagzeug
Larry Bunker - Vibraphon


Produzenten
Tommy LiPuma
Johnny Mandel