“Music is your own experience, your thoughts, your wisdom. If you don’t live it, it won’t come out of your horn. They teach you there’s a boundary line to music. But, man, there’s no boundary line to art.”
Charlie Parker
“I never thought that the music called “jazz” was ever meant to reach just a small group of people, or become a museum thing locked under glass like all the other dead things that were once considered artistic.”
Miles Davis
JANE MONHEIT: Come Dream With Me
Hochgeehrte Damen und Herren: Man nehme nur eine junge, außerdem auch noch höchst fotogene Sängerin mit beachtlichen technischen Fähigkeiten, eine Reihe bekannter Jazz- Größen, die die Rolle der musikalischen Begleiter übernehmen sowie eine Kollektion von Jazz-Standards, die jedem Jazz-Interessierten wohlbekannt sind, rühre eifrig die Werbetrommel und fertig ist auch schon das Erfolgsprodukt.

Diese ebenso simple wie stimmige Milchmädchenrechnung  geht in kommerzieller Hinsicht denn auch beinahe immer auf, wie die sehr ansehnlichen Verkaufszahlen nicht nur von Jane Monheit, sondern auch von Kolleginnen wie Patricia Barber oder letzthin ganz besonders
Diana Krall beweisen. Getreu dem Motto "nur ja kein Risiko" entstand auch die jüngste CD der Vokalistin
Jane Monheit unter Zuhilfenahme obgenannter bewährter Ingredienzien.

Zweifelsfrei verfügt Jane Monheit über eine, vom akademischen und schulmäßigen Standpunkt aus betrachtet, ganz beachtliche Stimme und im rein technischen Sinne ist ihr Vortrag auch kaum zu bemäkeln. Nun ist es aber so, bzw. sollte es wohl sein, dass vor allem und gerade im Jazz eine geschulte "schöne" Stimme nicht unbedingt ein Hindernis darstellen sollte, jedoch die rein gesangliche Fähigkeit nicht das allein Entscheidende ist. Im reinen Jazz-Gesang wird traditionell viel mehr Wert gelegt auf Interpretationsfähigkeit, Individualität des Ausdrucks, das Vermögen die Stimmung eines Songs zu erfassen und dergleichen mehr. Und bei diesen Eigenschaften sieht es bei Miss Monheit leider nicht so besonders rosig aus.

Bei ihrem Vortrag glänzt allenfalls die reine Technik, welche in Ermangelung der anderen genannten Fähigkeiten dann zwangsläufig allzu sehr in den Vordergrund rückt. Dabei entstehen dann zwar technisch eindrucksvolle Versionen altbekannter Standards, welche den Zuhörer aber emotional nicht berühren und völlig unbeteiligt lassen.

Gerade um dieses emotionale Berühren des Zuhörers geht es aber im Jazz, und insofern kann man bei dieser CD trefflich darüber streiten ob alles, wo zwar mit Piano, Bass, Saxofon und dergleichen jazz-typischen Instrumenten Standards gesungen werden, denn nun überhaupt
Jazz ist. Die Musik dieses Albums eignet sich sicher hervorragend als gedämpfte Hintergrund- berieselung bei vielerlei Gelegenheiten, verstrahlt aber insgesamt die Wärme eines Gefrier- schranks.

Diese CD ist, ganz genau betrachtet, im Grunde nichts weiter als Elevator-Music auf gehobenerem Niveau, eine seelenlose Retortenveranstaltung, glattpoliert, chromglänzend, gelackt, aber völlig nichtssagend. Miss Jane Monheit erinnert mich daher frappant an die Kunstfigur Olympia aus  E.T.A. Hoffmanns wohlbekannter Erzählung  Der Sandmann  und ist letztendlich wohl auch nicht viel mehr als eine Marionette des Plattenkonzerns, heute noch on top, morgen vielleicht schon wieder vergessen und dank der fehlenden Eigenständigkeit jederzeit gegen eine andere Kunstfigur mit ähnlich ansehnlichem Äußeren und einer ähnlich gut geschulten Stimme austauschbar. 

Vor allem der Umstand, dass es  sich bei diesem Album um eine größtenteils aus Balladen bestehende Songkollektion handelt - übrigens eine wenig originelle, dafür aber umso verkaufs- trächtigere Zusammenstellung - legt die Schwächen von Jane Monheits Vortrag bloß. Die Songs werden hier lediglich auf zugegeben recht hohem technischen Niveau heruntergesungen, werden aber in keinster Weise mit Leben und Emotion gefüllt und so beginnt der ganze Vortrag bereits
nach etwa einer knappen Viertelstunde unweigerlich zu langweilen.

Gerade bei Balladeninterpretationen kommt es sehr auf die Persönlichkeit des jeweiligen Interpreten an und von einer solchen ist hier weit und breit bedauerlicherweise nichts zu erkennen. Als Entschuldigungsgrund wird dann oft die Jugend der Sängerin angeführt. Ein Argument, dass aber nicht so ganz stichhaltig ist, immerhin waren auch Ella Fitzgerald, Sarah Vaughn, Carmen McRae oder Abbey Lincoln einmal in Miss Monheits Alter, hatten aber schon damals unvergleichlich mehr Persönlichkeit und Ausstrahlung.

Fazit: Wer geglätteten Schönklang einer ausdrucksstarken Interpretation mit Ecken und Kanten vorzieht, wird mit dieser CD nicht schlecht bedient sein, wem aber die pure Technik allein nicht ausreicht, wird wohl weiterhin zu den alten Platten von Ella, Sarah, Carmen und Co. greifen müssen. Vielleicht reift ja auch Miss Monheit noch zu einer ausrucksstarken Jazz-Vokalistin heran, auszuschließen ist diese Entwicklung nicht, einstweilen aber wird die junge Dame noch maßlos überschätzt. 

Je nachdem, was man als Hörer mehr schätzt, Persönlichkeit oder pure Technik, kann man nun diese Platte preisen oder als gänzlich überflüssig bezeichnen, ich selber entscheide mich bei meiner persönlichen Bewertung für einen Mittelweg.

Bewertung:   durchschnittlich
Songs
Over The Rainbow
Hit The Road To Dreamland
Spring Can Really Hang You Up The Most
Waters Of March
I´m Through With Love
I´ll Be Seeing You
Something To Live For
So Many Stars
If
Blame It On My Youth
A Case Of You
Nobody Else But Me


Aufgenommen 2001

Musiker

Kenny Barron - Klavier
Christian McBride - Bass
Gregory Hutchinson - Schlagzeug
Richard Bona - Gitarre
Michael Brecker - Saxofon
Tom Harrell - Trumpet

Arrangeure
Richard Bona
William S. Fischer
Jane Monheit

Produzent
Joel Dorn