“Music is your own experience, your thoughts, your wisdom. If you don’t live it, it won’t come out of your horn. They teach you there’s a boundary line to music. But, man, there’s no boundary line to art.”
Charlie Parker
“I never thought that the music called “jazz” was ever meant to reach just a small group of people, or become a museum thing locked under glass like all the other dead things that were once considered artistic.”
Miles Davis
Was ist Jazz?

Hier, sehr verehrte Damen und Herren,  finden Sie nun eine Definition des Jazz sowie eine Aufzählung und Erklärung seiner wichtigsten Elemente und Charakteristika. Da dies nur eine kleine Einführung in die Grundbegriffe des Jazz darstellen soll, wird dabei - wenn Sie, werthes Publicum, freundlichst gestatten - nicht allzu sehr ins Detail gegangen werden.

Der bekannte Autor Joachim Ernst Berendt gelangt in seinem empfehlenswerten Werk  Das große Jazzbuch zu folgender Definition des Jazz:

"Jazz ist eine in den USA aus der Begegnung des Schwarzen mit der europäischen Musik entstandene künstlerische Musizierweise. Das Instrumentarium, die Melodik und die Harmonik des Jazz entstammen zum größeren Teil der abendländischen Musiktradition. Rhythmik, Phrasierungsweise und Tonbildung sowie Elemente der Blues-Harmonik entstammen der afrikanischen Musik und dem Musikgefühl des amerikanischen Negers. Der Jazz unterscheidet sich von der europäischen Musik durch drei Grundelemente, die intensitätssteigernd wirken:

1. durch ein besonderes Verhältnis zur Zeit, das mit dem  Wort "swing" gekennzeichnet wird.

2. durch eine Spontaneität und Vitalität der musikalischen Produktion, in der die Improvisation eine Rolle spielt.

3. durch eine Tonbildung bzw. Phrasierungsweise, in der sich die Individualität des spielenden Jazzmusikers spiegelt.


Diese drei Grundelemente, deren Wurzeln seit Generationen oral überliefert wurden und noch werden, schaffen ein neuartiges Spannungsverhältnis, in dem es nicht mehr - wie in der europäischen Musik - auf große Spannungsbögen, sondern auf eine Fülle kleiner, Intensität schaffender Spannungselemente ankommt, die aufgebaut und wieder abgebaut werden.

Die verschiedenen Stile und Entwicklungsstadien, die die Jazzmusik von ihrer Entstehung um
die Jahrhundertwende (gemeint ist das 20. Jhdt.) bis heute durchlaufen hat, werden zu einem wesentlichen Teil dadurch gekennzeichnet, dass den drei Grundelementen der Jazzmäßigkeit jeweils verschiedene Bedeutung zukommt und dass das Verhältnis zwischen ihnen wechselt."

Die Elemente des Jazz

Improvisation
Die Improvisation ist eines der wesentlichen Merkmale, wenn nicht überhaupt das Hauptmerk- mal des Jazz. Im Jazz wird über gegebenen Harmonien improvisiert. Improvisation im Sinne
eines Musizierens völlig aus dem Stegreif heraus begegnet man allenfalls im Free Jazz. Der Mehrzahl der Jazz-Improvistationen liegt ein Thema in 32-taktiger Liedform oder der 12-taktigen Blues-Form zugrunde. Über die gegebenen Harmonien des Songs werden neue melodische Linien gelegt. Oft bilden die Songs des Great American Songbook das Gerüst, über dem dann improvisiert wird. Eine Jazz-Improvisation ist stets ein Ausdruck der ureigenen Persönlichkeit
des Improvisierenden und Teil seiner geistigen, musikalischen und emotionalen Situation.

Tonbildung und Phrasierung
Die Tonbildung und Phrasierung des Jazz unterscheidet sich ganz wesentlich von jener der traditionellen europäischen Musik. Während in letzterer ästhetische Kriterien von größter Bedeutung sind, rangieren im Jazz Ausdruck und Emotion vor Ästhetik und Schönklang.
Im Jazz klingen die menschliche Stimme und Instrumente rauh, sehr expressiv und losgelöst
von herkömmlichen Klangvorschriften. Daher kommt auch der ureigene und individuelle Ton
vieler Jazz-Instrumentalisten, an welchem der Kenner den jeweiligen Jazz-Musiker sofort zu erkennen vermag. Einen besonders unverwechselbaren Ton haben etwa Miles Davis, Louis Armstrong, Lester Young, Coleman Hawkins oder Thelonious Monk.

Arrangement
Wenngleich im Jazz improvisiert wird, kommt auch dem Arrangement eine hohe Bedeutung
zu. Liegt ein Arrangement vor, so weiß der Improvisator, was die ihn begleitenden Musiker tun und kann sich auf diese Weise umso besser entfalten. Das Arrangement liegt zumeist in schriftlicher Form vor, kann aber fallweise auch nur auf mündlichen Vereinbarungen beruhen.
Vor allem in der Frühzeit des Jazz, als viele Musiker nicht Noten lesen konnten, waren münd- liche Vereinbarungen die Regel, bzw. musste solange geprobt werden, bis die Musiker ihre
Parts auswendig spielen konnten. Ganz besonders raffinierte und ausgefeilte Arrangements
findet man im modernen Big-Band-Jazz.

Harmonik
Obgleich der Jazz eine revolutionäre Musik-Form ist, bleibt er in Bezug auf Harmonik und
Melodik weitgehend traditionsbewahrend. Wirklich neu und eigenständig sind eigentlich nur
die sogenannten "Blue Notes". Abgesehen von den Blue Notes ist die Jazz-Harmonik identisch mit der Harmonik der Unterhaltungsmusik. Im Free-Jazz in seiner reinsten Ausprägung wird allerdings weitgehend auf die überlieferten Gesetzmäßigkeiten der Funktionsharmonik
verzichtet.

Melodik
Das Hauptmerkmal der Jazz-Melodik ist ihr fließender Charakter. Dadurch, dass der Jazz- Musiker aus dem Unbewussten heraus improvisiert, gibt es in den improvisierten Melodielinien keine Wiederholungen.

Rhythmus, Swing
Ein besonders hervorstechendes Merkmal des Jazz ist, dass er  -  von wenigen Ausnahmen dieser Regel einmal abgesehen - "swingt". Dieser "Swing" ist das Ergebnis des Zusammen- treffens von afrikanischem Rhythmus-Gefühl mit dem in den europäischen Musikformen gebräuchlichen gleichmäßigen Takt-Metrum. In den sehr frühen Jazz-Formen war das Phäno- men des "Swing" noch nicht besonders ausgeprägt, der "Swing" entwickelte sich erst all- mählich im Laufe der Zeit. Dadurch, dass die Jazz-Rhythmen immer vielschichtiger wurden,
trat das mit Worten nur ungenügend zu beschreibende Phänomen des "Swing" immer deut-
licher hervor. Nicht nur Bass und Schlagzeug sind für den "Swing" im Jazz verantwortlich, auch der jeweilige Solist muss von sich allein aus die Fähigkeit haben, zu "swingen". Hat er diese Fähigkeit nicht, ist er auch kein richtiger Jazz-Musiker. Der Schlagzeuger Jo Jones gab über
das Phänomen "Swing" folgendes Statement ab: "Es ist etwas ganz einfaches, aber es gibt Dinge darin, die man nicht beschreiben kann. Die beste Art, in der du sagen kannst, was "Swing" ist, ist, dass du ihn spielst. Es ist einfach der Unterschied zwischen einem
ordentlichen Händedruck und einem schwammigen."


Blues
Es gibt wohl kaum einen wirklich bedeutenden Jazz-Musiker, der nicht ein Gefühl für und
eine Verbundenheit  mit dem Blues hätte. Ganz vereinfacht gesagt ist der Blues die Quint- essenz des Jazz. Meist sind Blues-Stücke auf einem 12-taktigen Akkordgerüst aufgebaut.
Der Blues ist seinem Wesen nach die Musik eines unterprivilegierten Proletariats. Die Texte
des Blues handeln ohne Schönfärberei vom "direkten Leben". Vorläufer all dessen ist der Work-Song - Lieder, die die Schwarzen bei ihrer Arbeit auf den Feldern sangen, weil ihnen
die Arbeit durch den Rhythmus des Gesanges leichter von der Hand ging. Pioniere des Blues waren Big Bill Broonzy, Bukka White, Leadbelly, Blind Willie McTell oder auch Elmore James, die sich überwiegend selbst auf der Gitarre oder der Mundharmonika begleiteten. Im Blues
gibt es viele verschiedene Stil- Richtungen wie Country Blues, Folk Blues, Chicago Blues,
Big City Blues, Urban Blues oder Mississippi-Blues. Der Blues hatte nicht nur auf den Jazz, sondern auf die gesamte Populär- musik einen unschätzbaren Einfluss. Wichtige Blues-
Musiker sind:
Muddy Waters, B.B. King, Lightnin´ Hopkins, John Lee Hooker, Big Joe
Turner, Big Joe Williams, Bessie Smith, Buddy Guy.
 
Zitate von Jazz-Musikern:


"Jazz ist nicht, was du machst, sondern wie du es tust"
Fats Waller


"Jazz ist wahrscheinlich die einzige heute existierende Kunst- form, in der es die Freiheit des Individuums ohne den Verlust des Zusammengehörigkeitsgefühls gibt"
Dave Brubeck


"Jazz ist die Freiheit, viele Formen zu haben"
Duke Ellington


"Wenn du es nicht gelebt hast, kommt es nicht heraus aus deinem Horn"
Charlie Parker


"Das Beste, was Schwarze über ihre Seele gesagt haben, haben sie auf dem Tenorsaxophon gesagt"
Ornette Coleman