“Music is your own experience, your thoughts, your wisdom. If you don’t live it, it won’t come out of your horn. They teach you there’s a boundary line to music. But, man, there’s no boundary line to art.”
Charlie Parker
“I never thought that the music called “jazz” was ever meant to reach just a small group of people, or become a museum thing locked under glass like all the other dead things that were once considered artistic.”
Miles Davis
Die Stile des Jazz

Hochverehrte Damen und Herren, auf dieser Seite sehen Sie eine kleine Übersicht über die verschiedenen Jazz-Stile, die sich im Laufe der Zeit herausgeprägt haben. Daneben existieren freilich auch unterschiedliche Stil-Mischformen.
Ragtime
Der Ragtime ist eine Art Vorläufer des Jazz und entstand etwa um das Jahr 1890 in Missouri. Ragtime ist komponierte Musik, die vorwiegend auf dem Klavier gespielt wird. Eines der wichtig- sten Merkmale des Jazz, die Improvisation, ist dem Ragtime fremd. Dafür hat er ein anderes wichtiges Merkmal des Jazz: Er swingt. Der Ragtime hat viel mit der europäischen Klaviermusik des 19. Jahrhunderts gemeinsam, wird aber mit der rhythmischen Auffassung des amerikanisch- en Schwarzen gespielt. Berühmte Ragtime-Stücke sind etwa der Maple Leaf Rag oder The Entertainer. Letztere Nummer wurde berühmt durch den Film Der Clou.

Wichtige Musiker des Ragtime:

Scott Joplin, Tom Turpin, Eubie Blake.


New Orleans, Dixieland, Chicago
Entstanden um das Jahr 1900 ist die New-Orleans-Spielweise der erste eigentliche Jazz-Stil. Zunächst eine vom Ragtime und Blues abgeleitete Musizierweise, entwickelten sich hier bald zunehmend improvisatorische Elemente. Das Vergnügungsviertel Storyville in New Orleans kann als die Wiege dieses Stils bezeichnet werden. Ein Hauptmerkmal ist die starke Gewichtung auf die kollektive Improvisation, Soli im Sinne der späteren Jazz-Stile waren kaum anzutreffen. Die Bands spielten zumeist in der Besetzung Trompete, Klarinette, Posaune, Piano, Banjo, Bass oder Tuba sowie Schlagzeug. Ab 1910 spricht man vom Dixieland-Stil, eine Musik, die haupt- sächlich von weißen Musikern gespielt wurde und in der sich die Solo-Spielweise immer stärker herausbildete. Der ab etwa 1920 auftretende Chicago-Stil ist eine Unterform des Dixieland, der vor allem von Musikern in Chicago praktiziert wurde. In diesem Stil wird größtes Augenmerk auf Soli der einzelnen Instrumentalisten gelegt, wie wir es auch von den späteren Stilen her kennen. Der Chicago-Stil ist eine Übergangsphase, an deren Ende der Swing-Stil steht.

Wichtige Musiker des New Orleans-, Dixieland- und Chicago-Stils:
Louis Armstrong, Sidney Bechet, Origina Dixieland Jazz Band, Bix Beiderbecke, Eddie Condon.

Swing
Der Swing-Stil ist im wesentlichen in New York und Kansas City entstanden. Ein Hauptmerkmal ist, dass diese Musik vorwiegend von großen Ensembles, den sogenannten Big Bands gespielt wurde und wird. Auch in diesem Stil dominiert der Solist, eine Rolle, die immer stärker den Saxofonisten zufallen sollte. Der
Swing war die Populär- Musik der 30er-Jahre: Zwar Jazz,
aber zugleich auch kommerziell genug, um ein sehr breites Publikum anzusprechen.

Wichtige Musiker des Swing-Stils:
Count Basie, Benny Goodman, Coleman Hawkins, Johnny Hodges, Gene Krupa, Roy Eldridge, Jimmie Lunceford, Fletcher Henderson.


Bebop
Zu Beginn der 40er-Jahre hatte sich der Swing-Stil musikalisch festzementiert und ausgereizt. Einige Musiker mit fortschrittlichen Ideen begannen, nach etwas "Neuem" suchen. Der
Bebop hatte seinen Ausgangspunkt in Musiker-Treffpunkten wie dem Jazz-Club Mintons in Harlem. Die wichtigsten Mitbegründer dieses neuen Stils waren Dizzy Gillespie, Thelonious Monk, Kenny Clarke und Charlie Parker. Gegenüber dem eher gemächlichen Swing hörte sich der Bebop revolutionär an: rasend schnell gespielte Melodie-Fetzen und eine hektisch-nervöse Atmosphäre waren und sind die Hauptmerkmale des Bebop. In der Entstehungsphase des Bebop standen viele Hörer und Kritiker dem neuen Stil anfangs kritisch gegenüber und waren durch die anfangs ungewohnten Klänge verprellt. Im Laufe weniger Jahre wurde der neue Stil aber auch von der breiten Masse des Jazz-Publikums akzeptiert. Der Bebop wird hauptsächlich in kleinen Formationen gespielt, vor allem in Quintett-Besetzung mit Trompete und Saxofon als Melodie- Instrument.

Wichtige Musiker des Bebop:

Charlie Parker, DizzyGillespie, Max Roach, Thelonious Monk,  Kenny Clarke, Charlie Christian.


Cool - Jazz
War der Bebop ein heißer und aufregender Stil, so ist der zu Beginn der 50er Jahre in Mode gekommene
Cool-Jazz das genaue Gegenteil davon: Hier herrschen Ruhe und Ausgeglichenheit vor. Die Cool-Spielweise beherrschte den Jazz der ersten Hälfte der 50er Jahre und wurde
im Wesentlichen von Miles Davis und Gil Evans mit ihrem Miles-Davis-Capitol-Orchester sowie dem Pianisten Lennie Tristano begründet. Lange Melodielinien lösen hier die nervösen Melodie- Fetzen des Bebop ab und Elemente der europäischen Musik finden stärkere Betonung. Die Vitalität, die die vorangegangenen Stile kennzeichnet, tritt im Cool-Jazz vorübergehend in den Hintergrund. Vor allem an der Westküste der Vereinigten Staaten wurde diese Spielweise praktiziert, weshalb man auch oft vom West-Coast-Stil spricht.

Wichtige Musiker des Cool-Jazz:
Miles Davis, Gil Evans, Lennie Tristano, John Lewis, Lee Konitz, Jimmy Giuffre, Shorty Rogers.



Hardbop
Ende der 50er Jahre entstand in New York der
Hardbop, eine Fortführung des Bebop-Stils, welcher in dieser Spielweise harmonisch und technisch verfeinert und vervollkommnet wurde. Sehr typisch für diesen Stil ist das mitunter sehr stark hervortretende Blues-Element. Der Hardbop ist das genaue Gegenteil des Cool Jazz: Wo dieser kühl und intellektuell wirkte, ist
der Hardbop vital, rauh und ursprünglich.

Wichtige Musiker des Hardbop:

Art Blakey, Horace Silver, Sonny Rollins, John Coltrane, Miles Davis, Donald Byrd, Max Roach, Clifford Brown.



Free-Jazz
In den ersten Jahren der 60er begannen viele Jazz-Musiker, neue Wege zu suchen. Für sie
waren die konventionellen Jazz-Formen in Klischees und leicht vorhersehbaren Abläufen erstarrt und sie begannen die Grenzen der konventionellen Tonalität und Harmonik bis an ihre Grenzen auszuloten und brachen schließlich in den Raum der "freien Klänge" durch, in dem die bisher- igen musikalischen Gesetzmäßigkeiten keine Geltung mehr hatten. Völlige harmonische Frei- heit, Atonalität, harmonische und rhythmische Neuerungen und grenzenlose Improvisation
waren also auf die Fahnen der neuen Jazz-Revolutionäre geheftet. Wilde und intensive Kollektiv-Improvisation, in der die Musik im Moment des Spielens spontan entsteht, ist das Hauptmerkmal dieses Stils. Im
Free Jazz artikulieren sich oft auch Protest und Zorn auf das  Establishment. Kritiker und Publikum waren zunächst schockiert von den neuen und oft chaotischen Klängen.

Eine der Gallionsfiguren des Jazz, der Star-Saxofonist John Coltrane, der Mitte der 60er Jahre zum Free Jazz wechselte, hat viel zur Popularisierung dieser Musik beigetragen, etwa mit dem bahnbrechenden Album Ascension. Nicht wenige der einst "zornigsten" Free-Jazz-Musiker
haben später wieder zu weitaus moderateren Spielweisen zurückgefunden.

Wichtige Musiker des Free-Jazz:
John Coltrane, Albert Ayler, Sunny Murray, Ornette Coleman, Sun Ra, Don Cherry, Archie Shepp, Pharoah Sanders.


Rock-Jazz
Seit Mitte der 60er Jahre versuchten verschiedene Musiker, Jazz-Improvisation mit der
typischen Rhythmik der Rock-Musik zu verbinden. Eine künstlerisch befriedigende Lösung
gelang aber erst Miles Davis mit der 1970 erschienenen Platte Bitches Brew. Rasch wurde
diese Musik-Form, für die oft auch die Bezeichnung
Fusion gebraucht wird, zu einem großen kommerziellen Erfolg und dominierte den Jazz der 70er Jahre. Typisch für diesen Stil ist der Einzug von elektronischen Instrumenten in den Jazz. Alle erdenklichen Arten von Keyboards lösten das akustische Piano ab, elektronisch verzerrte Rock-Gitarren prägten das Klangbild,
der konventionelle Stand-Bass wurde durch die Bass-Gitarre abgelöst. Der Klang jazz-typischer Instrumente wie Saxofon oder Trompete wurde oft elektronisch verfremdet.

Wichtige Musiker des Rock-Jazz:
Miles Davis, Herbie Hancock, John McLaughlin, Chick Corea, Weather Report, Mahavishnu Orchestra, John Scofield. 


Neo-Bop, Weltmusik
Nachdem die Jazz-Rock-Welle in der zweiten Hälfte der 70er Jahre abgeflaut war, richtete
sich das Interesse der Musiker wieder vermehrt auf die traditionelleren Spiel-Weisen des Jazz. Seit den 80er Jahren ist die Jazz-Szene von einem Revival des Bebop und Hardbop gekenn- zeichnet. Diese Rück-Orientierung geht großteils von Wynton Marsalis und den Musikern
seines Umfelds aus. Mitunter erfahren die traditionellen Spiel-Weisen auch eine gewisse Aktualisierung durch Elemente des Free-Jazz, den einige der jüngeren Musiker in ihr Spiel einfließen lassen. Auch viele Musiker des Free-Jazz und Rock-Jazz besannen sich im Zuge dieses Revivals wieder auf ihre Wurzeln und wandten sich wieder den traditionellen Stilen zu. Abgesehen von dieser Entwicklung wurde der Jazz aber auch immer offener für Einflüsse aus anderen Musik-Kulturen. Elemente indischer, japanischer, südamerikanischer oder arabischer Musik werden heute mit größter Selbstverständlichkeit in den Jazz integriert, sodass es
immer schwieriger wird, die Musik zu etikettieren. Daneben werden auch alle anderen
bisher genannten Stile weiterhin gepflegt.

Wichtige Musiker seit den 80er Jahren:
Wynton Marsalis, James Carter, Keith Jarrett, Kenny Kirkland, Joshua Redman, Walace Roney.
 
Zitate von Jazz-Musikern:


"Wenn du nicht seine geistige, spirituelle Seite verstehst, hast
du nicht den ganzen Jazz"
Jimmy Heath


"Jazz ist nicht, was du machst, sondern wie du es tust"
Fats Waller


"Jazz ist wahrscheinlich die einzige heute existierende Kunst- form, in der es die Freiheit des Individuums ohne den Verlust des Zusammengehörigkeitsgefühls gibt"
Dave Brubeck


"Jazz ist die Freiheit, viele Formen zu haben"
Duke Ellington


"Wenn du es nicht gelebt hast, kommt es nicht heraus aus deinem Horn"
Charlie Parker


"Das Beste, was Schwarze über ihre Seele gesagt haben, haben sie auf dem Tenorsaxophon gesagt"
Ornette Coleman