“Music is your own experience, your thoughts, your wisdom. If you don’t live it,
it won’t come out of your horn. They teach you there’s a boundary line to music.
But, man, there’s no boundary line to art.” Charlie Parker |
“I never thought that the music called “jazz” was ever meant to reach just a small
group of people, or become a museum thing locked under glass like all the other
dead things that were once considered artistic.” Miles Davis |
DIANA KRALL: The Look Of Love |
Diana Krall, meine sehr geehrten Damen und Herren, besticht durch einen ganz ähnlich
lässigen Umgang mit dem Liedmaterial wie ihn auch etwa ein Sinatra zu seinen
besten Zeiten - also von Anfang der 40er- bis Anfang der 60er- Jahre - pflegte
und ist naturgemäß allein schon darob für Freunde von Sinatra interessant. Sie
ist aber weit davon entfernt, bloß eine Epigonin zu sein, die den Sinatra-Stil
ins Feminine übersetzt. Mit einer solchen allzu oberflächlichen Einschätzung würde man der kanadischen Sängerin und Pianistin zweifelsfrei Unrecht tun. Sie ist eine durchaus eigenständige Künstlerin, deren Stimme - wiewohl es ihr etwas an Ausdrucksvielfalt mangelt - ein gewisses Etwas hat, das sie sehr wohl- tuend von den allermeisten Sängerinnen ihrer Generation abhebt. Aber: So nett anzuhören die neue CD von Diana Krall auch ist, wenn man sie mit ihren älteren Produktionen wie dem Nat King Cole - Tribut All For You vergleicht, bemächtigt sich des Hörers doch eine etwas verdrießliche Stimmung. Ich persönlich kann dem immer massiver auftretenden Streichereinsatz, welcher unseligerweise auch schon ihre letzte Platte kennzeichnete, nicht allzu viel abgewinnen. Eigentlich schade, dass die Produzenten rein aus kommerziellen Gründen meinen, Diana Kralls Stimme mit hart am Rande zum Kitsch taumelnden Streicherarrangements zukleistern zu müssen, welche diesmal übrigens von Herrn Claus Ogerman stammen, welcher schon bei Sinatras 1967er-Bossa-Nova- Meisterwerk Francis Albert Sinatra & Antonio Carlos Jobim für die Arrangements verantwort- lich zeichnete. Künstlerisch gesehen geht die Kombination Jazz und Streicher ja nur in den allerseltensten Fällen gut aus, kommerziell gesehen erweist sie sich dagegen fast immer als Erfolg. Was bleibt, ist immer ein schaler Nachgeschmack. Dies gilt auch für diese Platte: Zu fett und viel zu kalorienreich ist diese Speise, um noch wirklich zu munden. Offenbar wollte man ohne jedes Risiko auf Nummer Sicher gehen und so wurde geglättet und gebügelt und glattgeschliffen, was das Zeug hält, bis am Ende ein Stromlinienprodukt heraus- kam, das lediglich noch durch die unbestrittenen Gesangsqualitäten der Krall aus dem hoffnungs- los durchschnittlichen Einheitsbrei ähnlicher Produktionen herausragt. Aber auch mit dem Lied- material an sich wurde einmal mehr jegliches Risiko gescheut, aber diese Tatsache fällt nicht sehr ins Gewicht, da man immer erfreut ist, diese Klassiker von einer talentierten Sängerin zumal der jüngeren Generation präsentiert zu bekommen. Aber leider wurde hier, wie gesagt, mit hervorragenden Zutaten ein lauwarmes, kommerzielles Süppchen gekocht, das keinem Jazz-Puristen schmecken dürfte. Diana Kralls erste Platten, insbesondere All For You, berechtigten zu den schönsten Hoffnungen, welche sich nun leider von Album zu Album verflüchtigen. Wenn die Sängerin nun so weitermacht, wie auf den letzten zwei Produktionen, wird sie sich bald in einem Netz der zugegeben nett anzuhörenden Belang- losigkeit verstricken und der Jazz ist um eine weitere Hoffnung ärmer. Ein Wechsel der Produzenten bzw. der Plattenfirma würde der künstlerischen Entwicklung von Diana Krall sicherlich nicht schaden. Freilich gibt der Erfolg ihr momentan recht, aber die Gefahr des Abdriftens in die Easy-Listening-Ecke war noch bei keiner ihrer bisherigen Platten so groß wie diesmal. Fast erscheint einem Diana Krall hier schon wie eine Art Celine Dion des Jazz, erinnert nicht zuletzt auch aufgrund der gestylten Hochglanzbildchen des Booklets an eine Kunstfigur, gezüchtet in der Retorte der Absatz-Strategen und sanft geschaukelt in einer zuckrigen Nährlösung aus romantischem Geigenschmelz und stark verdünnter Bossa-Nova- Essenz. Als noch am ehesten verträglich erweisen sich die Nummern The Night We Called It A Day, I Get Along Without You Very Well und Maybe You´ll Be There. Diese Songs sind an sich solche Kleinodien der Populärmusik, dass sie auch durch unpassendste Arrangements nicht vernichtet werden können. Es gibt aber auch ein hervorstechendes Highlight auf dieser Platte, welches einem die sonstige Dürftigkeit umso greller vor Augen führt: Cry Me A River dürfte nicht allzuoft in einer derart grandiosen Interpretation zu hören gewesen sein wie hier. Es ist gar zu traurig, wenn man sich vorstellt, welch eine großartige Platte doch hätte entstehen können, wenn man Claus Ogermann und das unselige London Symphony Orchestra nach Hause geschickt hätte und man Diana Krall stattdessen mit ihrem regulären Trio und noch einigen Gästen an Saxofon und Trompete hätte zu Werke gehen lassen. Bewertung: problematisch |
Songs S ´Wonderful Love Letters I Remember You Cry Me A River Besame Mucho The Night We Called It A Day Dancing In The Dark I Get Along Without You Very Well The Look Of Love Maybe You´ll Be There Musiker John Pisano - Gitarre Christian McBride - Bass Russell Malone - Gitarre Jeff Hamilton - Schlagzeug Paulinho Da Costa - Percussion ua. Arrangeur Claus Ogerman Produzent Tommy LiPuma |