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“Basically, I'm for anything that gets you through the night - be it prayer, tranquilizers or a bottle of Jack Daniels.”

“Critics don't bother me because if I do badly, I know I'm bad before they even write it. And if I'm good, I know I'm good. I know best about myself, so a critic doesn't anger me.”

“The thing that influenced me most was the way Tommy played his trombone. It was my idea to make my voice work in the same way as a trombone or violin - not sounding like them, but "playing" the voice like those instrument- alists.”
The Man And His Music

Oh meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie sich von rechterhand mit freiem Auge erkennbarer Abbildung nicht ins Bockshorn jagen - der Sinatra, welchem wir hier in diesem anno 1981 entstandenen TV-Special begegnen, hat äußerlich nur wenig mit der für die  DVD- Schutzhülle verwendeten photographischen Darstellung gemein. Aus mir völlig unverständlichen Gründen ließ man es sich angelegen sein, sich hier eines meines Dafürhaltens nach Ende der 60er-Jahre entstandenen Abbildes des Barden zu bedienen. Ein in der Tat unglaublicher Unfug,
schämte man sich etwa, ein dem Aufnahmedatum angemessenes Bild Sinatras zu verwenden?
Beschämend - gesetzt dem Falle, es verhielt sich dergestalt. Meinte man etwa die Verwendung eines Abbildes aus 1981 würde sich verkaufshemmend auswirken? Ja, kreuzkruzitürken - Sie entschuldigen schon - wo käme man denn da hin, wenn dies Beispiel Schule machen würde? Auch wenn es mir schwer fällt, ich bemeistere mich und den in mir aufsteigenden Grimm und sehe davon ab, über derlei unerhört groteske Vermarktungs-Praktiken zu schwadronieren - statt dessen gehe ich in medias res und wende mich - Ihr Einverständnis, liebe Leserin, werter Leser, geflissentlich voraussetzend - ohne weitere Verzögerung dem Inhalt des Produktes zu:

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir zunächst, den seinerzeit tätigen Bühnenbildnern meine Anerkennung auszusprechen: Von allen TV-Specials ist die hier aufgebaute Dekoration die bei Weitem allerschönste - schlicht und gleichwohl ungemein effektvoll! Riesige Schwarz- Weiss-Abbildungen diverser Sinatra-Schallplatten-Cover sind ein zentraler Bestandteil der Dekoration, die Bühne, in welcher Treppenelemente eingearbeitet sind, wird beim ersten Song blau und veilchenfarben ausgeleuchtet, das Orchester befindet sich dezent in einer Vertiefung der Bühne: Wahrlich - besser hätte man es nicht treffen können!

Sinatra erscheint hinter einem riesigen, von unsichtbarer Hand hochgezogenen Schallplatten- cover und kredenzt uns gleich zu Beginn einen seiner allerbesten Songs überhaupt, nämlich das wundervoll entspannte und dennoch glorios swingende Nice And Easy. Der Sänger präsen- tiert sich hier und zum größten Teil auch während des folgenden Programms in Trilogy-Form, also mit sehr dunkler und kräftiger Stimme, der man das Alter zwar sehr wohl anmerkt, die er aber um vieles besser in der Gewalt hat als in den Jahren unmittelbar nach seinem Comeback anno 1973. Oh meine Damen und Herren, wie das silberfarbene Toupet des bejahrten Stars im Scheinwerferlicht veilchenfarben leuchtet, als er gemessenen Schrittes die Bühne herabschreit- et! Worte vermögen den sich dabei einstellenden Eindruck nur ungenügend wiederzugeben - schieben Sie lieber gleich los und versuchen Sie, dieser DVD im Geschäft Ihres Vertrauens habhaft zu werden, so dies TV-Special nicht ohnedies längst Teil Ihrer Sinatra-Sammlung sein sollte. The One I Love Belongs To Somebody Else, ein selten gehörtes Kleinod aus den Anfangstagen der Reprise-Phase, wird von Sinatra ebenso überzeugend intoniert wie die erste Nummer der Show - hier wechselt die Beleuchtung zu einem unerhört stimmungsvollen Orange. Die Wirkung, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist erneut unbeschreiblich!

In der nächsten Nummer hat - in verändertem Bühnenbild - Sinatras diesmaliger Stargast seinen Auftritt: Niemand Geringerer als der große
Count Basie mitsamt seiner Kapelle begleitet Sinatra bei Pennies From Heaven, einer swingenden Jazz-Nummer, welche die beiden Stars schon im Herbst des Jahres 1962 bei ihrer ersten Zusammenarbeit für das Album Sinatra-Basie aufge- nommen hatten. Und oh Wunder: Rund zwanzig Jahre später zeigen sich beide Haudegen in blendender Form, diese Version ist der so viele Jahre zuvor entstandenen Aufnahme fast eben- bürtig, der Barde sprüht förmlich vor guter Laune und nicht wenige Fans werden womöglich diese Version in Sachen Swing und Esprit sogar noch vor die Studio-Aufnahme gereiht wissen wollen. Ich persönlich, wenn Sie gestatten, präferiere allerdings nach wie vor die Erst-Version von 1962.

Das Programm wird nun mit dem Song I Loved Her fortgesetzt, einem Beispiel aus dem damals aktuellen Album
She Shot Me Down. Das Stück kann noch als eines der relativ gesehen besseren Stücke eines doch eher langweiligen Albums gelten. She Shot Me Down wollte den Geist der Capitol-Concept-Balladen-Alben wiederaufleben lassen, welches Vorhaben allerdings durch teils nichtssagendes Songmaterial sowie durch die Probleme, welche Balladen der Alterstimme des Sängers generell zu bereiten pflegten, überwiegend als nicht sonderlich gelungen angesehen werden kann. So wirkt auch die hier zu hörende Version von I Loved Her
wenig überzeugend und insgesamt spannungslos. Darauf folgt mit The Girl From Ipanema
eine Reminiszenz an Sinatras Zusammenarbeit mit Antonio Carlos Jobim - auch die Inkludierung dieses Klassikers in gegenständliches TV-Special erweist sich als nicht allzu glückliche Entscheidung. Von der Leichtigkeit und Luftigkeit der Original-Aufnahme ist hier nur wenig zu erahnen - Sinatras Stimme, dunkel und rauh, wie sie anno 1981 war, passt einfach nicht mehr zu diesem Song und macht einen ausgesprochen unelastischen Eindruck, was freilich in krassem Gegensatz zum Original von 1967 steht. Das daran anschließende Stück At Long Last Love ist sehr kurz und eher farblos, jedenfalls nicht mit der Original-Aufnahme zu vergleichen.

Nun wird die Bühne erneut in blaues Licht getaucht und Sinatra stimmt Something an, eines
der so raren Highlights seiner Spät-Phase. Leider fällt diese Interpretation nur durchschnittlich aus - der Vergleich mit der
Trilogy-Version ist tunlichst zu vermeiden, meine sehr verehrten Damen und Herren. Auch schlägt hie und da die für die Post-Retirement-Phase so charakterist- ische Weinerlichkeit durch. Dieselbe kommt im nächsten Song ganz besonders zum Tragen, zusätzlich gepaart mit besonders brüchiger Stimme. Herrjemineh, Monday Morning Quarterback ist an sich schon so unglaublich langweilig, dass es nur von einem Sinatra in allerbester stimm- licher Verfassung hörenswert wäre - hier jedoch zählt man unwillkürlich die Sekunden, bis der Barde den Song endlich verklingen läßt. Nach dieser schweren Prüfung kommem erneut Count Basie und sein Orchester zum Zuge: Aus der zwoten gemeinsamen Platte hören wir den Song The Best Is Yet To Come. Auch wenn der Barde sich sichtlich Mühe gibt, die Studio-Fassung von 1964 bleibt hier völlig außer Reichweite - seinerzeit vermochte man Sinatras gutgelauntes Lächeln aus seinem Gesang herauszuhören, hier ist davon wenig bis eigentlich gar nichts zu bemerken. Diese Subtilitäten des Vortrages nämlich hatte Sinatras Stimme nach 1973 - wie
wir unglücklicherweise nur zu gut wissen - ein für alle mal eingebüßt. Das nun folgende Good
Thing Going ist ein weiteres Stück aus dem Album She Shot Me Down und kann es in Sachen Langeweile durchaus mit Monday Morning Quarterback aufnehmen. Oh, was werden einem in diesen Minuten die Lider schwer, ja: bleischwer! Da ist es auch keine allzu große Hülfe, dass der nächste Song das Tempo entscheidend forciert: Say Hello wurde anno 1981 als Single veröffentlicht, ohne irgendwelche Spuren zu hinterlassen - wen sollte es wundern, das Lied ist trotzdem es sich um eine Up-Tempo-Nummer handelt, langweilig und darüberhinaus unterdurch- schnittlich, ja: inferior - ein glatter Fehlgriff des bejahrten Sinatra.

Nun bringt der Barde einen seiner Klassiker aufs Tapet: I Get A Kick Out Of You in einer
sehr jazzigen Version nur von Klavier, Bass, Schlagzeug und Gitarre begleitet. Daraus hätte zweifelsfrei ein Highlight dieser Show werden können, allein Sinatras Stimme ist hier besonders rauh und knarrend, was denn auch ausgesprochen schlecht zum federleichten Swing seiner Begleiter passen will. Darauf folgt - selbstverständlich in voller Orchesterstärke - die einzige Nummer der Post-Retirement-Phase, die ihre Spuren in der Musikgeschichte hinterlassen konnte: Theme From New York New York. Es gibt keine schlechte Sinatra-Version dieses Songs, auch die hier gehörte ist durchaus zufriedenstellend. Als Schlußnummer der Show kommt noch ein weiterer Song aus She Shot Me Down zum Einsatz - Thanks For The
Memory. Meine sehr verehrten Damen und Herren: Dieser Song gehört mit zum absolut Einschläfernd- sten, was Sinatra im Laufe seiner Karriere aufgenommen hat, falls Sie womöglich blutdruck- senkende Mittel einnehmen, rate ich zu erhöhter Vorsicht beim Konsum dieser Nummer - Sie könnten beim Hören dieses in der Tat hochgradig sedierend wirkenden Titels leicht in den kritischen Bereich geraten.

Ganz am Ende bedankt sich Sinatra noch bei all seinen Arrangeuren, Songschreibern, Musikern, dem Publicum vor den TV-Schirmen sowie bei Gott und aller Welt, worauf sich
die Mitglieder des Orchesters erheben und Sinatra ihrerseits Applaus spenden - allerdings
wirkt das ganze sehr, sehr müde und unmotiviert - vermutlich Nachwirkungen des letzten Songs.

Fazit: Nach außerordentlich vielversprechendem Beginn flaut das TV-Special in weiterer Folge stark ab, was nicht zuletzt besonders den Balladen aus dem Album She Shot Me Down geschuldet ist. Ein stark angejahrter Sänger, der mit manchmal mehr oder weniger deutlich versagender Stimme fade Balladen zum Besten gibt, kann naturgemäß keinen anderen Ein- druck als den der Langeweile hinterlassen. Meiner bescheidenen Meinung nach hätten zwei Songs aus She Shot Me Down auch ausgereicht, die anderen beiden wären besser durch swingende Up-Tempo-Nummern ersetzt worden - dadurch nämlich hätte dieses TV-Special
von anno 1981 wesentlich kurzweiliger gewirkt. Count Basie und seine Mannen bei nur zwei Nummen einzusetzen, ist nahezu unverständlich - hier wurde ebenfalls einiges Pontential verschenkt.

Bewertung:
durchschnittlich




Songs
Nice And Easy
(The One I Love)
Belongs To Somebody Else
Pennies From Heaven
I Loved Her
The Girl From Ipanema
At Long Last Love
Something
Monday Morning Quarterback
The Best Is Yet To Come
Good Thing Going
Say Hello
I Get A Kick Out Of You
Theme From New York New York
Thanks For The Memories


Aufgenommen 1981