“Music is your own experience, your thoughts, your wisdom. If you don’t live it, it won’t come out of your horn. They teach you there’s a boundary line to music. But, man, there’s no boundary line to art.”
Charlie Parker
“I never thought that the music called “jazz” was ever meant to reach just a small group of people, or become a museum thing locked under glass like all the other dead things that were once considered artistic.”
Miles Davis
 
Bill Evans

Pianist (1929 - 1980)

Meine hochverehrten Damen und Herren, wertes Publicum: Die Piano-Trio-Einspielungen von Bill Evans wiesen dem modernen Jazz neue Wege und es dürfte heute kaum ein Modern-Jazz-Piano- Trio existieren, welches nicht direkt oder indirekt von Evans beeinflusst wäre. Evans revolutionierte das Piano-Trio, indem er Piano, Bass und Schlagzeug als gleichberechtigte Interaktionspartner neu definierte. Sein Piano-Spiel wurde öfters mit dem eines Rubinstein verglichen, sein lyrischer Ansatz wurde oft zum Anlass genommen, ihn als einen "Claude Debussy des Jazz" zu bezeich- nen. Zu Evans großen Vorbildern auf dem Piano zählten etwa der Jazz-Neuerer Thelonious Monk aber auch Nat King Cole. Die Spielweise von Bill Evans diente auch einigen Musikern des Free Jazz als Ausgangspunkt. Großen Einfluss übte Bill Evans auch auf Musiker wie
Herbie Hancock, Chick Corea und Keith Jarrett aus.
Bill Evans wurde am 16. August 1929 in Plainfield, New Jersey geboren und begann sich schon früh mit Musik zu beschäftigen: mit sechs Jahren begann er Klavier zu spielen, später kamen Violine und Flöte hinzu. Zudem begann er sich schon im Kindesalter für Musiktheorie zu interess- ieren. Mit sechzehn Jahren leitete er seine erste Gruppe und studierte später am Southeastern Louisana College, wo er sich mit europäischen Komponisten wie Claude Debussy beschäftigte, gleichzeitig aber auch durch Platten von Cool-Jazz-Musikern wie Lee Konitz und Lennie Tristano geprägt wurde.

Nachdem er von 1951-54 seinen Militärdienst abgeleistet hatte, spielte Evans in den Bands von Gunter Schuller und George Russell, arbeitete mit Lee Konitz, Art Farmer und Bob Brookmeyer, bevor er 1956 seine erste Trio-Einspielung veröffentlichte: "New Jazz Conceptions".

1957 spielte er in der Band eines der ganz großen Neuerer des Jazz, dem Bassisten und Komponisten Charles Mingus. Schon 1958 konstatierte der amerikanische Kritik-Papst Nat Hentoff: "Evans hat ein überragendes Gefühl für und eine stupende Kenntnis von den Möglich- keiten seines Instruments, seine Technik ist sauber und klar, und er swingt aus tiefstem Herzen“. 1958-59 spielte er im berühmten
Sextett des Trompeters Miles Davis und wurde vor allem durch die Miles-Davis-Platte Kind Of Blue einem breitem Publikum bekannt. 1959 stellte ihm Orrin Keepnews, Chef des Jazz-Labels Riverside folgenden Befund aus: „Seine Chorusse sind länger und von größeren Spannungsbögen getragen als bei fast jedem anderen Pianisten der Gegenwart. Eigentlich spielt er mehr wie ein Bläser. Und seinem eigenen Bekenntnis nach hat er seine Strukturen wie sein melodisches Feeling weniger an anderen Pianisten als viel eher an Bläsern
wie Miles Davis und Charlie Parker geschult“


Nach seinem Weggang von Miles Davis gründete er zusammen mit dem Bassisten Scott LaFaro und dem Schlagzeuger Paul Motian sein bahnbrechendes, revolutionär wirkendes Piano-Trio. Mit Standardinterpretationen und Eigenkompositionen festigte Evans seinen Ruf als subitler Improvis- ator und Romantiker mit festem Anschlag, der Balladen ebenso wie schnelle Stücke mit eigener Handschrift interpretierte. Bis zu Scott LaFaros tragischem Unfalltod anno 1961 entstanden in dieser Trio-Besetzung eine ganze Reihe von Meilensteinen des modernen Jazz.

Bald darauf gründete er ein neues Trio, machte aber in den 60er Jahren auch mit Duo- und Solo- Einspielungen Furore. Daneben agierte er auch immer wieder als Sideman auf Einspielungen namhafter Musiker-Kollegen und absolvierte gefeierte Festival- Auftritte und nahm auch eine LP
mit Sinfonie-Orchester auf, auf der er Werke der Klassik intonierte.

Bill Evans, der immer als extrem reserviert und zurückhaltend galt, zudem seit den späten 50er Jahren zunächst dem Heroin und später, nachdem er ab 1970 fast zehn Jahre clean geblieben war, dem Kokain verfallen war, starb am 15. September 1980 in New York an den Folgen aufge- brochener Magengeschwüre.

Der Berliner „Tagesspiegel“ schrieb folgendes in seinem Nachruf auf den richtungsweisenden Pianisten: „Das Faszinierende an ihm war seine hervorstechende kompositorische Konzentration, die selbst noch in der weit ausufernden Improvisation erhalten blieb, und die harmonisch vertrack- ten Klang-Effekte“. Sein ehemaliger Arbeitgeber Miles Davis gab Ende der 80er Jahre folgendes Statement über Evans ab: "Wenn er Klavier spielte, hatte man das Gefühl, als würde ein klarer Wasserfall aus kristallklaren Noten und glitzerndem Sprüh-Nebel herabstürzen“.

Die beeindruckende Diskografie von Bill Evans umfasst rund einhundert Tonträger, die ihn als Solisten und Sideman zu Gehör bringen.

Schaffen und Wirken

Die wichtigsten Platten
Everybody Digs Bill Evans (1958)
The Ivory Hunters (1959)
Kind Of Blue (1959)
Miles Davis All Stars Live (1958-59)
At The Village Vanguard (1961)
How My Heart Sings (1962)
Conversations With Myself (1963)
Trio With Symphony Orchestra (1965)
Bill Evans At Town Hall (1966)
Alone (1968)
From Left To Right (1969)
The Bill Evans Album (1971)
Alone Again (1975)
Together Again (1976)
Crosscurrents (1977)
His Last Concert In Germany (1980)


Empfehlenswerte Sampler
The Best Of Bill Evans On Verve
The Best Of Bill Evans Live


Sammler-Editionen
The Complete Riverside Recordings
(1956-1963) 12 CDs
The Complete Bill Evans On Verve
(1962-1970) 18 CDs
The Secret Sessions/Village Vanguard
(1966-75) 8 CDs
The Complete Fantasy Recordings
(1973-1979) 9 CDs
Turn Out The Stars (1980) 6 CDs
The Last Waltz (1980) 8 CDs