“Basically, I'm for anything that gets you through the night - be it prayer, tranquilizers
or a bottle of Jack Daniels.” “Critics don't bother me because if I do badly, I know I'm bad before they even write it. And if I'm good, I know I'm good. I know best about myself, so a critic doesn't anger me.” “The thing that influenced me most was the way Tommy played his trombone. It was my idea to make my voice work in the same way as a trombone or violin - not sounding like them, but "playing" the voice like those instrument- alists.” |
...warum man Sinatra noch kennt Allenthalben, meine sehr geehrten Damen und Herren, begegnet man im privaten Umfeld oder in Sinatra-gewidmeten Internet-Foren Aussagen wie etwa „Sinatra ist doch heute nur noch berühmt für My Way und Strangers in The Night, etwas anderes wollen die Leute auch gar nicht hören, jedenfalls sicher nicht die langweiligen Balladenalben der 50er Jahre, die doch gar nicht mehr in unsere Zeit passen, die Leute kaufen sich einen Sampler von Sinatra, weil sie My Way hören wollen, was Sinatra zuvor gemacht hat, interessiert nur die Wenigsten. Hätte er schon fünfund- zwanzig Jahre früher aufgehört, wäre er heute vergessen." Darauf kann es nur eine Antwort geben: Die Concepts-Platten sind "langweilig"? - Mitnichten! Die Swing-Alben der Concepts-Serie auch „langweilig“? - Mitnichten und -neffen! Je nun: Die Concept-Balladen-Alben sind allerdings teils ziemlich schwerverdaulich, sie zeigen eben Sinatra den Künstler und nicht bloß Sinatra den Unterhalter. Jeden Tag kann man sich ein anspruchsvolles Album wie etwa Only The Lonely sicher nicht anhören, aber die Balladenalben der 50er Jahre sind wahrscheinlich die perfektesten Platten in dieser Musik-Kategorie überhaupt. Das ist Musik, die der Musik halber gemacht wurde und nicht nur unter dem Gesichtspunkt, ob es sich gut verkaufen lässt, wie z.B. ganz besonders seichte, anspruchslose und ultra-kommerziell ausgerichtete Reprise-Platten wie That´s Life oder The World We Knew. - Abgesehen davon haben sich aber auch die 50er- Balladen-Alben sehr gut verkauft - die meisten erreichten damals Spitzenpositionen in den Billboard-Charts. Überhaupt: Sinatra hat sich in den 50ern sicher mehr Mühe bei Plattenaufnahmen gegeben als oft später bei Reprise, wo vieles hastig hingeschludert wirkt, gleichsam nach dem Motto, nur schnell wieder raus aus dem Studio, wozu noch einen Take probieren, die Leute kaufen´s doch ohnehin... Was jetzt Sinatras Popularität betrifft, dass man ihn heute überhaupt noch kennt, sei seinen Songs der 60er, 70er, 80er zuzuschreiben: Völlig richtig, stimmt haargenau. Und genau das ist jammerschade! Man darf nicht vergessen, die Lieder, welche den Leuten zum Thema Sinatra gemeinhin sofort einfallen, also Strangers In The Night, My Way und New York New York sind im Grunde genommen nur populistische Anbiederung an den Durchschnitts- bzw. Massen- geschmack und für das Schaffen Sinatras als Künstler eher als zweitrangig zu veranschlagen, zwar sehr bekannt, doch wenig repräsentativ. Natürlich hat Sinatra auch in den 30er und 40er Jahren den Massengeschmack bedient (und befriedigt), doch hier immerhin verstärkt in den 40ern sich jedenfalls zumeist an die Großmeister der Songschreiberei gehalten, also an Leute wie Gershwin, Porter usw. Außerdem hat er damals noch herrlich singen können! Nach 1970 hätten ihm auch Songs der allerbesten Qualität nicht mehr viel helfen können. (Aufgrund eben der Tatsache, dass er nicht mehr herrlich bzw. je nach Ansicht gar nicht mehr singen konnte, hat er sich dann ja zumeist mit nichtssagendem Lied-Schrott Marke Stargazer u.ä. über Wasser zu halten versucht). Womit mißt man nun eigentlich Qualität – eine sehr schwierige Frage, aber ich glaube doch, dass ein Gershwin- oder Porter-Stück mehr mit dem Begriff „Qualität“ zu tun hat als Strangers In The Night mit seinem für meine Begriffe reichlich dümmlichen Text. My Way halte ich übrigens auch für nichts weiter als bombastischen Unfug, der zwar ein großer Erfolg war (wie ja meistens der größte Schund am besten verkauft wird), aber in Wahrheit eine aufgeblasene Belanglosigkeit ist. Soviel ich weiß, war Sinatras persönliche Meinung über My Way von der meinen gar so weit nicht entfernt. Was den Alkoholkonsum Sinatras angeht, von dem mitunter der Niedergang seiner Stimme abgeleitet wird, wäre interessant inwiefern diese Sache nicht nur pure Image-Strategie gewesen ist, zumindest in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren musste Sinatra ja starke Medikamente zu sich nehmen, schon deswegen scheinen mir diese ganzen Suff-Gerüchte ab einem gewissen Zeitpunkt eher gesteuerte Image-Kampagne zu sein, wie übrigens auch das Rauchen – ich kenne kein Konzertvideo, indem Sinatra den Rauch in die Lunge inhaliert, er pafft bloß und auch das höchstens zwei, drei mal bevor er die Zigarette wegwirft. Man sieht die Sache etwas gar zu pessimistisch wenn man meint, heute würde sich nur eine Handvoll Leute für Sinatra interessieren, wenn er etwa 1970 dauerhaft aufgehört hätte, mit dem Flugzeug abgestürzt wäre oder wie auch immer. Die schrecklichen Songs, mit denen er heutig- entags allgemein in Verbindung gebracht wird, hatte er damals mit Ausnahme von New York, New York ja schon aufgenommen. Ich kann akzeptieren, dass viele auch dem Post-Retirement -Sinatra der Jahre 1973-95 etwas abgewinnen können, nur mein Fall ist diese Zeit überhaupt nicht und sie ist die traurige Dokumentation von Sinatras künstlerischem Abstieg, egal ob er gerade in dieser Zeit den größten kommerziellen Erfolg (das Album Duets nämlich) hatte. Ganz sicher unnötig waren aber die 90er Jahre mit ihren immer häufigeren Live-Konzert-Peinlichkeiten (deren Aufzählung ich mir lieber schenke), wo Sinatra in Sachen vorsätzlicher Rufschädigung seiner Selbst und künstlerisch sozusagen selbstmordend in der Welt herumgondelte... Je nun, zurück zum Thema - - - Ich glaube, wenn ein Künstler gute Aufnahmen gemacht hat, werden sie immer eine Menge Leute ansprechen, auch wenn der Künstler nicht mehr am Leben ist oder sich zurückgezogen hat – beste Beispiele sind z.B. die Doors, Jimi Hendrix, Elvis und und und... alle schon lange tot und doch in aller Munde/Ohr. Warum sollte man dann ausge- rechnet Sinatra vergessen haben, wenn er Songs wie My Way nicht aufgenommen hätte? Sinatra hat zwar sicher nicht den Massenappeal bei einem jüngeren Publikum wie ein Morrison oder Lennon, aber man denke nur an die vielen Jazz-Musiker, die schon Jahrzehnte tot sind und deren Platten auch immer wieder neu herausgebracht werden und die man auch nicht vergisst. Jeder kennt z.B. Ella Fitzgerald, egal ob er Jazz-Fan ist oder nicht. Oder nehmen wir einen Künstler, der sich zurückgezogen hat: Cat Stevens hat seit fünfundzwanzig Jahren nichts mehr gemacht, aber sobald wieder einmal ein Sampler von ihm veröffentlicht wird, ist er sofort hoch in der Hitparade. Oder nehmen wir Dean Martin: Obwohl er in Europa nie die Bekanntheit von Sinatra hatte, gibt es derzeit praktisch jede Studioaufnahme von ihm käuflich zu erwerben, damit stehen die Martin- Fans, auch wenn sie viel weniger zahlreich sind als die Sinatra-Fans, zur Zeit sogar besser da als Sinatra-Anhänger, denn von Sinatra gibt es ein paar Reprise-Platten gegenwärtig gar nicht im Handel. Auch mit Veröffentlichungen von Sammy Davis jr. geht es letzthin ziemlich bergauf. Es wird immer eine Firma geben, die sich dieser Musik annimmt, wenn nicht die großen Firmen, dann eben eine kleine, wie Bear Family im Falle von Dean Martin. Zumeist gehen diese kleineren Labels mit dem Material ohnedies sorgsamer um als die großen Firmen. – Also ich glaube eigentlich nicht, dass Sinatra, wenn er 25 Jahre früher aufgehört hätte, heute mehr oder weniger vergessen wäre, wohl glaube ich, dass die meisten Platten nach 1965 bzw. spätestens 1970 besser vergessen werden sollten. Ich glaube, die Capitol-Zeit in den 50ern hat ihn bereits unsterblich und unvergesslich gemacht, dafür hätte es gar keiner Reprise-Phase und schon gar keiner Post-Retirement-Phase bedurftt. Für meine Begriffe hat Sinatra viel zu lange weiter herumgewurstelt und gefuhrwerkt und gemurkst und ist künstlerisch sozusagen die längste Zeit „auf der Felge“ gefahren. Damit hat er leider seiner eigenen Legende ans Bein gepinkelt. Selbstredend finde ich es nicht bloß ein wenig, sondern sogar überaus betrüblich, dass Sinatra der breiten Öffentlichkeit großteils nur mit seinen oben bereits erwähnten Hits ein Begriff ist, welche samt und sonders alle nach 1965 entstanden sind, einer Zeit in Sinatras Karriere, in welcher er mich zunehmend an einen einbeinigen Tänzer erinnert...diese einseitige Fokussierung auf die Hits im Bewußtsein des Publicums wird Sinatra, dem großartigen Künstler, einfach nicht gerecht. Rein vom Unterhaltungswert und der Zugkraft haben diese Songs einiges für sich, aber sie zeigen eben nur eine Seite von Sinatra (nämlich eine ziemlich flache) und drängen die Tatsache, dass Sinatra zuvor weitaus anspruchsvollere und künstlerisch ungleich „wertvollere“ Platten gemacht hat, viel zu sehr in den Hintergrund. In der Reprise-Phase trat für mich Sinatras „Künstlertum“ immer weiter in den Hintergrund, seine Platten wurden – von einzelnen Ausnahmen abgesehen – immer vulgärer und marktschreierischer. Natürlich bringt das Motto „je simpler desto besser“ mehr Verkäufe und höhere Charts-Platzierungen als ein ausgefeiltes Concept-Album und Sinatra lag ja selber sehr viel am finanziellen Aspekt dessen, was er tat. Aber wenn man z.B. Moonlight Sinatra und das im Jahr darauf erschienene That´s Life nebeneinanderstellt, überkommt einem unweigerlich das Grausen ob letzterer Platte. Moonlight Sinatra hat künstlerischen Anspruch, ist aber trotzdem nicht allzu schwierig zu hören, während That´s Life für mich nur eine Sammlung von allerseichtesten Platitüden ist. Richtig anspruchsvolle Platten, wahre Meisterwerke in der „Capitol-Tradition“ hat Sinatra bei Reprise wirklich nicht oft abgeliefert, meiner Ansicht nach überhaupt nur zwei, nämlich September Of My Years und Moonlight Sinatra. Auch wenn da viele Hörer wahrscheinlich eine andere Reihung vornehmen würden, ist das keine große „Ausbeute“ im Zeitraum von 1961-1988. Vielleicht lag Sinatra auch selber mit der Zeit immer weniger daran, „bleibende Meisterwerke“ zu schaffen und ihm war die Verkaufsträchtigkeit wichtiger als die Substanz der Platten? Dass aber in der Erinnerung der Leute Sinatra hauptsächlich mit solchen „Perlen“ wie Strangers In The Night, My Way und Somethin´ Stupid weiterlebt, wird dem Künstler Sinatra wirklich nicht gerecht und macht mich mitunter doch etwas verdrießlich…es ist ja wirklich ein Jammer: die vielleicht großartigste poulärmusikalische Stimme des 20. Jahrhunderts bleibt nicht mit seinen (auch stimmlich) besten Aufnahmen in Erinnerung, sondern ausgerechnet mit obgenanntem und eigentlich reichlich banalen Kommerz-Aufnahmen. |
Songs By Sinatra: Here´s To The Band 25. Januar 1983 (Reprise) In den Jahren nach 1970 sind die „musical pearls“ in Sinatras Karriere nur sehr dünn gesät und unter dieser wenig erfreu- lichen Voraussetzung kann man Here´s To The Band mit einigem Recht zu diesen Perlen zählen. Dieser Song stammt nicht von einem Studio-Album, sondern wurde nur als Single veröffentlicht. Man findet ihn aber auf dem empfehlenswerten 4CD-Set The Reprise Collection und natürlich in der opulenten und monumentalen 20-CD-Box The Complete Reprise Studio Recordings. Diese musikalische Verbeug- ung vor all den Musikern, mit denen Sinatra gearbeitet hat und die maßgeblich zu seinem Erfolg beitrugen, besticht durch einen guten Text mit gelungen- en Wortspielen sowie einem wirklich sehr gelungenen Arrangement. Die Band hat wirklich Pfeffer – wie gesagt, ein tolles Arrangement, geschrieben von Joe Parnello. Der Schwachpunkt ist - wie fast immer bei diesen Spät- werken - die Stimme des Sängers. In der Einleitung klingt sie reichlich müde und etwas kraftlos, fängt sich aber bei den dynamischeren Teilen zumindest wieder etwas. Stimmlich scheint mir Sinatra in Summe damals in der Tat nicht besonders gut in Form gewesen zu sein, mitunter klingt er fast weinerlich, was zu dieser eigentlich fröhlich- ausgelassenen Huldigung seiner Musiker nicht so recht passen will. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie Sie freilich alle selbst wissen, ist gerade diese greisenhaft anmutende Weiner- lichkeit ein ganz typisches Charakteristikum praktisch aller Balladen-Aufnahmen der Post- Retirement-Phase nach 1973. Im meist ausgesprochen trüben Gewässer der Post-Retirement- Phase ist die Nummer trotz der genannten Schwächen aber immer noch eine der besseren Leistungen des Barden.. |