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“Basically, I'm for anything that gets you through the night - be it prayer, tranquilizers or a bottle of Jack Daniels.”

“Critics don't bother me because if I do badly, I know I'm bad before they even write it. And if I'm good, I know I'm good. I know best about myself, so a critic doesn't anger me.”

“The thing that influenced me most was the way Tommy played his trombone. It was my idea to make my voice work in the same way as a trombone or violin - not sounding like them, but "playing" the voice like those instrument- alists.”
The Summer Knows
(Text und Komposition: Alan & Marilyn Bergman/Michel Legrand)

Aufnahmedatum der von Sinatra im Studio eingesungenen Version:
7. Mai 1974 (Reprise)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir wollen uns heute und hier einem Lied zuwenden, welches aus der Spät-Phase des Sängers stammt. Sinatra nahm den Song zu einer Zeit auf, als er bereits hoch an Jahren und niedrig an künstlerischer Aussagekraft war. Vielleicht stöhnen Sie jetzt: “Ohweh, ein Post-Retirement-Song”. In der Tat, wertes Publicum, so ist es, wir wollen uns eines Songs annehmen, der anno 1974 aufgenommen wurde, mithin also in der umstrittendsten Karriere-Phase des Barden. Womöglich hören Sie nur ungern Lieder aus diesem Karriere- Abschnitt des Sängers, versuchen womöglich gar, diese Phase möglichst ganz aus ihrem (Fan-)Bewusstsein auszublenden... - Nicht wenige Sinatra-Freunde verfahren auch in ganz genau dieser eben beschriebenen Art und Weise, um solcherart die Erinnerung an die früheren und freilich unendlich besseren Jahre nicht zu trüben. Dies ist freilich eine legitime Art des Umgangs mit dem musikalischen Vermächtnis des Barden, sofern einem nur daran gelegen ist, sich die Rosinen aus dem Kuchen zu picken und jenen Teil des Schaffens, welcher einem weniger oder auch gar nicht zusagt, links liegen zu lassen. In Anbetracht des regelrecht kolossalen Umfangs von Sinatras Gesamtschaffen bleiben in jedem Falle viele, viele Aufnahmen, an denen man sich trefflich ergötzen kann, sogar wenn man ganze Jahrzehnte vernachlässigen beziehungsweise ganz weglassen wollte. Dem einen missfällt die streicherbetonte Romantik der Columbia-Phase, dem anderen erscheint die Capitol-Phase langweilig oder großteils zu anspruchsvoll, wieder einem anderen bietet die Dance-Band-Phase zuviel
James bzw. Dorsey und zuwenig Sinatra, die andere wiederum weiß nicht, was anfangen mit den Werken der Post-Retirement-Phase und läßt sie im Regal vor sich hin schimmeln. Daneben wieder gibt es freilich auch den Personenkreis, welcher ganz allgemein auf Sinatra allergisch reagiert - diese Gruppe freilich ist für uns insofern von geringem Interesse, als sich Leute dieses Schlages ohnedies kaum je auf eine Webseite verirren werden, welche sich dem musikalischen Schaffen des Entertainers widmet.

Ich persönlich in meiner Eigenschaft als Prinzipal der auf dieser Welt wohl ersprießlichsten und erquickendsten Web-Site zum Thema Sinatra kann freilich nicht nach dem Prinzip "was mir nicht gefällt, wird unter den Teppich gekehrt" verfahren - ich habe, wie Sie alle nur zu gut verstehen werden, die moralische Verpflichtung, Sinatras Werk aus einer ganzheitlichen Perspektive zu betrachten, was naturgemäß nichts anderes heißt als dass ein völliges oder auch nur teilweises Ausklammern bestimmter Phasen der Karriere des Barden für mich nicht in Frage kommt - nicht in Frage kommen darf. Wenn Sie mich allerdings als Privat-Person fragen würden, so würde ich antworten, dass gut drei Viertel des Sinatra´schen Schaffens nach 1970 in jeder Hinsicht - vor allem aber natürlich in stimmlicher Hinsicht - bedeutungslos sind, mehr noch: einen dunklen Schatten auf die Reputation des ehemals einzigartigen Barden werfen.

Zu den wenigen wirklich gelungenen Arbeiten Sinatras der Jahre 1973 bis 1993 ist mit Sicherheit The Summer Knows zu zählen, eine rühmliche Ausnahme im sonst so unerfreulich wenig gehalt- vollen Post-Retirement-Schaffen des Sängers. Der Text des Songs stammt von Alan und Marilyn Bergman, einem Duo, welches im Laufe der Jahre einige hochgradig erquickende Songs in das Repertoire des Barden eingebracht hat, so stammt beispielsweise das herrliche Nice And Easy aus der Bergman-Feder, sowie auch eines von Sinatras wenigen gelungenen Alterswerken, nämlich How Do You Keep The Music Playing. In Sinatras Oeuvre finden wir gut und gerne fast ein Dutzend Songs der Bergmans und ich persönlich bedaure sehr, dass der Bardes sich von diesem Duo nicht gelegentlich einmal ein ganzes Album auf den Leib schreiben hat lassen -
ich denke, das Ergebnis wäre ein hocherquickendes, künstlerisch wertvolles Album gewesen. Komponist des Songs The Summer Knows ist niemand anderer als der berühmte Film-Musik- Spezialist Michel Legrand, der das Lied für den Film The Summer of ´42 schrieb und für den Original Soundtrack ebendieses Streifens anno 1971 einen Oscar gewann.

1974 entschloss sich Sinatra ein Album aufzunehmen, welches Songs neueren Datums enthalten sollte, welche während seines knapp zwojährigen "Ruhestandes" mehr oder weniger große Er- folge für andere Interpreten gewesen waren. Dementsprechend lautete auch der Titel des Albums
Some Nice Things I´ve Missed. Das Album besteht im Wesentlichen aus Pop- und Schlager- Liedchen, die man mit Big-Band- und Orchester-Arrangements auffrisiert hat und deren künstler- ische Bedeutung allenfalls mit „nicht nennenswert“ zu beurteilen wäre. In diesem Kontext ragt
The Summer Knows sicherlich heraus, wenngleich der Song für das eine oder andere Ohr vielleicht langweilig wirken mag. Mir gefällt die sanfte Melancholie, die von diesem Lied ausgeht allerdings recht gut – besonders im Vergleich etwa zu grobschlächtigen Werken wie Sweet Caroline oder Bad Bad Leroy Brown, welche sich ebenfalls auf genanntem Album finden lassen.

Sinatra nahm das Lied am 7. Mai des Jahres Neunzehnhundertundvierundsiebenzig zu Hollywood auf, das Arrangement besorgte kein Geringerer als Gordon Jenkins, der ausgewiesene Spezialist für melancholisch-dunkle und düstere Stimmungen. Sinatra benötigte für die Aufnahme des Songs ganze achtzehn Takes. Ungewöhlich viele für einen Sänger, welcher dafür bekannt war, eine Nummer in der Regel schon nach ganz wenigen Takes im Kasten zu haben. Im Nachhinein scheint uns der Aufwand durchaus gerechtfertigt. Das Ergebnis wurde schließlich auf dem oben erwähnten Album zur Veröffentlichung gebracht, darüberhinaus findet man den Song auch auf
der kolossalen 20-CD-Werkschau Complete Reprise Studio-Recordings. Das Arrangement von Jenkins halte ich einmal mehr für ausgesprochen gelungen. Sinatra bewältigt den Song stimmlich zufriedenstellend, wenngleich er auf mich doch einen etwas ausgelaugten Eindruck macht – er hat sich jedenfalls offensichtlich ziemlich bemüht, wenn die Sage mit den achtzehn Takes tat- sächlich der Wahrheit entspricht.

Dennoch kann man auch hier und allen aufrichtigen Bemühungen des angejahrten Barden zum Trotz an ein, zwei Stellen die Post-Retirement-typische Weinerlichkeit ausmachen, welche nach dem Comeback leider schon zu einer Art Markenzeichen für das Alterwerk Sinatras wurde. In Summe aber ist The Summer Knows eine recht beachtliche Leistung für einen Sänger, über welchen damals schon mit vorgehaltener Hand diskutiert wurde, ob er denn - zumindest im Vergleich zu früher - denn überhaupt noch als Sänger gelten könne. Diese Frage wird freilich
nun schon seit Jahrzehnten und in jüngerer Zeit vor allem auch in Internet-Foren allerheftigst diskutiert, wobei allemal die gegensätzlichsten Positionen anzutreffen sind. Doch wollen wir
uns wieder dem eigentlichen Thema - The Summer Knows - zuwenden:

Die Erst-Aufnahme blieb auch die einzige Sinatra-Aufnahme des Titels, mir wäre auch nicht bekannt, dass der Sänger sie je in einem seiner Konzert-Auftritte zu Gehör gebracht hätte, was sicherlich auch daran liegt, dass schon die Studio-Aufnahme Sinatras Alters-Stimme vor ganz gewaltige Probleme stellte. Somit wäre also ein Debakel bei Live-Auftritten fast unvermeidbar gewesen. In diesem Sinne ist es also nur allzu verständlich, dass der Barde auf jede weitere Aufführung dieses an sich jedoch sehr schönen Liedes verzichtete - im Interesse seiner Stimme und auch im Interesse der Zuhörerschaft, welche im Allgemeinen anzunehmenderweise nicht eben darauf erpicht war, Zeuge eines stimmlichen Debakels des in die Jahre gekommenen Sängers zu werden. Die Studio-Aufnahme jedoch kann sich auf jeden Fall hören lassen und die Probleme, die der recht schwierig zu singende Song Sinatra bei der Aufnahme bereitete, sind
auf dem fertig gemixten Endergebnis jedenfalls kaum zu erahnen. Sogar Sinatras Spezialität,
das Überblenden von Phrasen ohne merklich Atem zu holen, kann in diesem Song bei den
Zeilen

Lets you see the wonder of it all,
And if you learned your lesson well


einmal mehr bestaunt werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, jedesmal wenn Sinatra diesen Kniff zur Anwendung bringt, kann man kaum umhin, ein beeindrucktes "aaaahhhh" oder auch "ooohhhhh" fahren zu lassen! Gerade diese Stelle sowie wohl der gesamte Mittelteil des Songs dürften Sinatra bei der Aufnahme die größten Schwierigkeiten bereitet haben - wie gut, dass der Barde nicht vorzeitig das Korn vor die Flinte geworfen hat - wie etwa Jahre zuvor bei Lush Life - das Endergebnis rechtfertigt die Mühen allemal.



Vokal- und Instrumentalaufnahmen des Titels von anderen Künstlern (Auszug)
Interpret/Album-Titel/Jahr der Aufnahme bzw. Veröffentlichung:


Jose Carreras: Friends For Live (1992)
Laila Dalseth: Time For Love (1986)
Johnny Mathis: How Do You Keep The Music Playing? (1993)
Barbra Streisand: Barbra Joan Streisand (1971)
Ron Merritt: Silver Screen Collection (1997)
Sally Harmon: Brava (2000)
Joan Hickey: Soulmates (2001)
Ray Barretto: Contact (1997)
Bill Evans: Montreux III (1975)
Frank Foster: Franky Speaking (1984)
Laura Fygi: Watch What Happens (2000)
Michel Legrand: Michel Plays Legrand (1993)
Art Pepper: The Trip (1976)
Rita Reys: Sings Michel Legrand (1976)
Phil Woods: Alto Summit (1995)
Henry Mancini: The Best Of (1958-78)
Patricia Kaas: Piano Bar (2010)
Jacintha: Jacintha Goes To Hollywood (2007)
Rigmor Gustafsson: On My Way To You (2006)
Alan Bergman: Lyrically Alan Bergman (2007)
Ana Caram: Hollywood Rio (2004)
Monica Mancini: Cinema Paradiso (2002)




 
Information:

Der Song kann in seiner Studio- Version auf folgenden Sinatra-Alben nachgehört werden. Die Aufstellung erhebt jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Some Nice Things I´ve Missed
The Complete Reprise
Studio Recodings