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“Basically, I'm for anything that gets you through the night - be it prayer, tranquilizers or a bottle of Jack Daniels.”

“Critics don't bother me because if I do badly, I know I'm bad before they even write it. And if I'm good, I know I'm good. I know best about myself, so a critic doesn't anger me.”

“The thing that influenced me most was the way Tommy played his trombone. It was my idea to make my voice work in the same way as a trombone or violin - not sounding like them, but "playing" the voice like those instrument- alists.”
Wann hätte Sinatra abtreten sollen, ja müssen?

Meine sehr verehrten Damen und Herren: Die wahre Größe eines Künstlers zeigt sich auch
am Erkennen des geeigneten Zeitpunktes, um aufzuhören. - Es ist stets besser, das Publicum sagt "Schade, ein paar Jahre länger hätte er doch noch weitermachen können" anstatt zu sagen "Es waren ohnehin schon ein paar Jahre zuviel" - sicherlich sind Sie, werte Leserin, werter Leser, in diesem enorm wichtigen Punkt ganz meiner Meinung.

Sinatra bewies in diesem Punkt zunächst Größe, als er anno 1971 seinen Rückzug aus dem Show-Geschäft verkündete. In über dreißig arbeitsreichen Karrierejahren hatte er es geschafft, ganz an die Spitze der Entertainment-Welt vorzudringen und sich an eben diesen Platz lange Zeit unangefochten zu halten. Trotz der Tatsache, dass er bereits weit über fünfzig Lenze zählte und sich die Populärmusik seit einigen Jahren von Grund auf geändert hatte, waren
ihm Ende der Sechziger Jahre seine größten und seither weltweit bekannten Mega-Hits wie Strangers In The Night und My Way gelungen. Seine Stimme, wiewohl schon etwas entfernt von der Großartigkeit der früheren Jahre, war abgesehen von leichten Abnutzungserscheinung- en noch weitgehend intakt. Sinatra war also Ende der 60er Jahre kommerziell am Zenit seiner Karriere, während er gleichzeitig diesen Zenit in künstlerischer Hinsicht bereits hinter sich zu lassen begann. Aus all diesen Gründen war es eine weise Entscheidung, seinen Rücktritt aus einer unangefochtenen Spitzenposition heraus zu verkünden.

Doch leider - Sinatra widerrief seinen Entschluss kaum zwei Jahre nach seinem "Retirement- Concert" und kehrte 1973 ins Rampenlicht zurück, äußerlich wie stimmlich sehr zu seinen Ungunsten verändert. In der Tat schien der Star während seines nur zwei Jahre währenden "Ruhestandes" um mindestens zehn Jahre gealtert zu sein, vor allem seiner Stimme schien
die Pause ganz und gar nicht gut getan zu haben: Welten liegen zwischen seiner letzten Studioaufnahme vor dem Retirement, The Game Is Over aus dem Jahre 1970 und seinen ersten Studioaufnahmen nach dem vom Start weg umstrittenen Comeback von 1973, welche auf dem Album
Ol´ Blue Eyes Is Back nachzuhören sind. Wenn die Fans in aller Welt gehofft hatten, Sinatra würde noch so klingen wie vor dem Rückzug, so wurde diese Hoffnung grund- legend enttäuscht: Das Comeback-Album - welches auch von eher fragwürdigem künstlerisch- en Gehalt war - zeigte einen alten Mann mit gravierenden Stimmproblemen, welcher kaum mehr an den großen Sinatra früherer Jahre erinnerte. Die dem Comeback-Album 1974 nachfolgende Produktion Some Nice Things I´ve Missed setzte die Misere nahtlos fort: künstlerisch unausgegoren und stimmlich ganz und gar nicht überzeugend, teils gar inferior.
Die dazugehörende Tournee des Jahres 1974 brachte mit der TV-Ausstrahlung "The Main Event" zwar einen Zuschauerrekord, wurde aber von den Kritikern wegen Sinatras stimmlich sehr schlechten Zustands zum Teil gnadenlos verrissen. Dies alles dürfte auch bei Sinatra selbst für erhebliche Irritationen gesorgt haben: bis 1979 nahm er daraufhin kein neues Album mehr auf, setzte aber gleichwohl seine Tournee-Tätigkeit - leider, wie man sagen muss - fort.

In der Tat: Sinatra hatte einen Fehler gemacht, als er seinen Rücktritt widerrief: Es ist
ungemein betrüblich, wenn eben noch von Kritik wie Publicum hochgeschätzte Künstler mit zunehmendem Alter ihre Fähigkeiten nach und nach einbüßen, aber trotzdem weiter Platten machen und auf Tournee gehen. Das führt dann, wie wir alle wissen, zwangsläufig zu allerlei unschönen Berichten in den Medien und das überschattet dann wieder den (verdienten) Ruhm dieser Künstler. Wurde z.B. über die Konzerte Sinatras in den Neunzigern in den Medien berichtet, so war dann immer weniger die Musik, sondern die Gesundheit, die Vergesslichkeit, die schwindende Stimme usw. das Thema. Überdies waren diese Berichte oft geradezu unver- hohlen hämisch. Schon deswegen sollten Künstler sich überlegen, ob und wie lange sie weitermachen. Beim einen ist es zunächst die Stimme, wie bei Sinatra. Beim anderen die körperliche Verfassung wie bei Dean Martin und bei anderen wieder die allgemeine Glaub- würdigkeit, wie jetzt etwa bei den Rolling Stones... Dabei hilft es nichts, dass die Fans den Star weiterhin sehen wollen und die Konzerte ausverkauft sind, denn die Fans sind ja oft schon zufrieden, den Star überhaupt sehen zu können, ganz gleich in welcher Verfassung. Aber es gibt ja auch noch die anderen, die das Ganze dann entschieden objektiver sehen und diese wundern sich zu Recht, was hat der oder die eigentlich noch auf der Bühne verloren...

Ab Ende der 80er Jahre war Sinatra dann schließlich sogar darauf angewiesen, seine Texte
von Bühnenmonitoren abzulesen, um nicht je und je den Faden zu verlieren, was jedoch trotz dieser Maßnahme immer häufiger vorkam, da sich nämlich auch die Sehleistung des Seniors verschlechterte. Zudem patzte er erst zuweilen und später immer häufiger bei den Einsätzen, da sich nämlich auch sein Gehör verschlechterte. Ich finde, wenn ein Sänger geistig nicht mehr vital genug ist, um sich seine Texte merken zu können, müsste er doch erkennen, dass die Zeit zum Schlußmachen längst, längst gekommen ist. Ich denke, Sie alle geben mir hinsicht- lich dessen Recht. Wenn er das selber schon nicht begriffen hat, warum hat ihm das dann keiner gesagt? Um den altehrwürdigen "Chairman" nicht zu grämen? Dieses Herunterlesen (nicht selten ist ihm ja sogar das noch misslungen) war doch letztendlich entwürdigend! 

Ich gehe davon aus, dass kaum ein Besucher meiner Seiten den Sinatra der 40er, 50er live gesehen hat, sonst wüssten wir, was wir versäumt haben, diese letzten Konzerte der 90er waren doch oftmals peinlich, wenn man ganz ehrlich sein will. Dies ist ja nicht nur meine Meinung, sondern Grundtenor der schreibenden Zunft. Die Zuseher gingen doch allein des- wegen zu einem der Spät-Konzerte seiner Karriere, um sagen zu können, dass sie den Alt-
star auch einmal live-haftig gesehen haben. Viele von ihnen waren dann doch vermutlich eher enttäuscht von dem, was da zu unverschämten Kartenpreisen aufgetischt wurde. Ein mit Medikamenten gepushter, sehr alter Mann, der schon lange (seit 1970(!!!) nämlich) nicht mehr annähernd so singen konnte wie zu seinen Glanzzeiten, der alle paar Meter einen Textmonitor stehen hatte, oft geistig abwesend wirkte, zwischen den Songs (ewig dieselben) manchmal unverständliche Zwischenansagen von sich gab und manchmal sogar Hilfe beim Verlassen der Bühne brauchte. Die sich häufenden geistigen Aussetzer und Anzeichen von Desorientiertheit während mancher Konzerte dieser Phase dürften teilweise auch auf unerfreuliche Nebenwirk- ungen von Medikamenten, die Sinatra zu sich zu nehmen gezwungen war, zurückzuführen sein.

Nur um einem Missverständnis vorzubeugen: Ich bin ein großer Freund Sinatras Musik,
vor allem und eigentlich ausschließlich natürlich jene der 40er - 60er Jahre, als er noch ein exzellenter Sänger war. Trotzdem aber muß man doch auch den Realitäten ins Auge blicken: In den 90ern war er leider nur mehr ein zusehends ausgemüdeter, durch Hör- und Sehschwäch- en stark beeinträchtigter und daher auch kaum noch auftrittsfähiger pensionsreifer Senior, von den lang schon verloren gegangenen stimmlichen Fähigkeiten jetzt einmal ganz abgesehen. Gesundheitlich dürfte er sich mit den letzten Tourneen der 90er Jahre überdies ganz erheblich geschadet haben.

Sinatra war am Ende seiner Laufbahn leider genau das, was er in früheren Tagen nicht war und was ihn so wohltuend von Elvis Presley unterschieden hat: Eine mutmaßlich von den Managern gesteuerte Marionette, die trotz heftiger gesundheitlicher Probleme um die Welt gekarrt wurde, nur um die Börsen der Veranstalter zu füllen, medikamentenbedingt manchmal desorientiert, aller Talente, die ihn in den Anfangsjahren berühmt gemacht hatten, längst verlustig gegangen und entkleidet, vom Publikum zwar aufgrund seines Legendenstatus immer noch umjubelt, von den Kritikern jedoch zusehends verrissen, eine fast schon tragische Figur.

Somit stimmt es mich als Sinatra-Enthusiasten unendlich wehmütig, dass Sinatra den geeigneten Zeitpunkt zum Absprung nicht erkennen konnte oder wollte und somit ein uner- freulicher Schatten auf das einmalige Lebenswerk des Barden fällt, welcher leider groß genug ist, um die glanzvollen Seiten seiner Karriere und seines Schaffens ganz entscheidend zu verdunkeln. Um wieviel umsichtiger handelte in dieser Hinsicht etwa ein Peter Alexander, welcher sich mit siebzig Jahren aus dem Geschäft zurückzog, um nicht irgendwann später
der Peinlichkeit anheimzufallen. Alexander wußte, dass er dem Publicum eine hundert- prozentige Leistung schuldig war und als er erkannte, dass er diese Leistung nicht mehr
würde garantieren können, zog er die Konsequenzen.

Wann also wäre der geeignetste Zeitpunkt für einen endgültigen Rücktritt Sinatras gewesen? Naturgemäß anno 1971, wie ja auch Sinatra zunächst selbst erkannt hat. Leider hat er sich jedoch - vermutlich zum Teil aus Langeweile, zum Teil auch des Geldes wegen - zu einem Comeback herbeigelassen, möglicherweise fehlte ihm ja auch der Beifall der tosenden Menge, das Getragenwerden auf einer Welle der Begeisterung. Dennoch eine krasse Fehlentscheid- ung, denn wiewohl er körperlich zunächst noch in ganz guter Verfassung war: - Seine einmalige Stimme war nach 1973 beim Teufel, darüber können sogar eingefleischte Fans nicht mir-nichts- dir-nichts hinwegsehen. Gesteht man dem Senior entgegen aller künstlerischer Vernunft nach 1973 dennoch ein paar weitere Jahre auf der Bühne zu, so führt uns dies zum zweit-geeignet- sten Zeitpunkt, um aus dem Show-Biz zu scheiden: Nämlich das Jahr 1980. Sinatra durchlebte gerade ein stimmliches Zwischenhoch und hatte mit dem Album
Trilogy das beachtlichste Lebenszeichen seiner Post-Retirement-Phase abgeliefert. Die Nummer Theme From New York, New York, obgleich in den Charts eher mäßig vertreten, wurde zu einer neuen Hymne für den Alt-Star. Nunmehr wäre er gut beraten gewesen, zum Zeitpunkt dieses Zwischenhochs seinen - diesmal dann aber unwiderruflichen - Abschied von der Bühne bekanntzugeben.

Hätte er etwa beispielsweise anläßlich einer Auftritts-Serie in einer Örtlichkeit wie der Radio City Music Hall 1980 unter entsprechendem Medien-Rummel seinen Rückzug zelebriert, er wäre mit weitgehend unbeschädigtem Ruf und mit großer Würde in den Ruhestand verab- schiedet worden. Es wäre ein unendlich passenderer Karriere-Abschluss gewesen als das langsame und von unerfreulichen Momenten begleitete öffentliche Verblassen eines einst großen Künstlers, der den Bogen eindeutig überspannt hatte.

 
Songs im Vergleich:

Almost Like Being In Love
31. März 1947 (Columbia)
22. März 1961 (Reprise)


Obzwar mir auch die Columbia-Version ganz gut gefällt, gebe ich der Swing- Fassung aus der Capitol-Ära den Vorzug. Meiner Ansicht nach passt ein schnelles, ausgelassenes Arrangement auch wesentlich besser zum Text des Songs – der doch eher balladesken Columbia- Fassung mangelt es etwas
an Esprit, obgleich sie von Sinatras gesanglicher Leistung her tadellos gelungen ist.

Der Charakter des Songs,
den  Sinatra hier portraitiert,
ist – wenn man den Text dahin- gehend interpretiert – augenscheinlich in sehr gehobener Stimmung, da scheint das verhältnismäßig behäbige Arrangement der 47er-Fassung von Axel Stordahl nicht ganz passend, ja eigentlich sogar verfehlt.

Der Text und die Stimmung des Liedes kommen in einem flotten und elektrisierenden Big-Band-Arrangement wie dem der 61er-Capitol-Fassung weitaus besser zur Geltung. Billy May´s Arrangement lässt in der Neu-Fassung des Songs zwei Brass-Sections aufein- andertreffen und daraus  resultiert zwangsläufig ein famos-grandioses Swing- Feuerwerk, dass keinen
Hörer kalt lassen kann.


In der Tat, meine sehr verehrten Damen und Herren:
In der Tat hochgradig erquick-
end - machen Sie sogleich die
Probe aufs Exempel, jetzt und
sofort.