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“Basically, I'm for anything that gets you through the night - be it prayer, tranquilizers or a bottle of Jack Daniels.”

“Critics don't bother me because if I do badly, I know I'm bad before they even write it. And if I'm good, I know I'm good. I know best about myself, so a critic doesn't anger me.”

“The thing that influenced me most was the way Tommy played his trombone. It was my idea to make my voice work in the same way as a trombone or violin - not sounding like them, but "playing" the voice like those instrument- alists.”
The Way You Wear Your Hair...

eine Co-Produktion von Holger Schnabl und Thorsten Bode

In diesem - insgesamt zehnten - Essay will ich mich mit einem Thema befassen, welches ausnahmsweise nichts mit Sinatras musikalischer oder filmischer Hinterlassenschaft zu tun hat, sondern vielmehr mit seiner Person.

Meine sehr geehrten Damen und Herren - es geht um ein gewisses Accessoire, welches
der Barde jahrzehntelang in vielfach wechselnder Gestalt an sich trug, nämlich – wie Sie
alle spätestens jetzt erraten haben werden – um seine Toupets. Ein Toupet ist, nur der Vollständigkeit halber erwähnt, ein künstliches Haarteil, um eine kahle Stelle im Haupthaar
zu kaschieren, im Gegensatz zur Perücke, welche einen vollständigen Ersatz für die Kopf- behaarung leisten soll, somit ist das Toupet also ein Behelf um einen örtlich begrenzten, aber nicht totalen Mangel zu verschleiern, also etwa eine Stirnglatze, ausgeprägte Geheimratsecken oder tonsurförmige Kahlstellen am Hinterkopf.

Es war ein offenes Geheimnis, dass Sinatra sich spätestens seit den 60er Jahren bemühte, seinen schwindenden Schopf mit künstlichen Haarteilen zu kaschieren. Manche von Ihnen, geneigte Leserin, werter Leser, werden jetzt vielleicht die Auffassung vertreten, es sei nicht angebracht, über die Toupets des Barden zu diskutieren, man möge sich lieber an seine musikalische Hinterlassenschaft halten und private Dinge wie eben die Verwendung künstlicher Haarteile außen vor lassen, da es sich eben um eine Privatangelegenheit des Sängers handle.
Dem halte ich folgendes entgegen - und Sie werden nicht umhinkönnen, mir schlussendlich Recht zu geben: Als Persönlichkeit des öffentlichen Interesses hatte Sinatra stets damit zu rechnen, dass auch allerpersönlichste Dinge seines Lebens publik und von der Öffentlichkeit zum Gegenstand allgemeiner Diskussion gemacht werden. Merke: Eine Persönlichkeit öffentlichen Interesses hat ohnedies kein Recht auf Privatsphäre – wenn Sie so wollen, eine Schattenseite des ansonsten von mancherlei Privilegien begünstigten Lebens einer Person öffentlichen Interesses. Infolgedessen ist es ganz legitim und sicherlich nicht pietätslos, Sinatras Toupets zu einem Diskussionsthema zu machen. Und gerade in einer geistvoll- kultivierten Umgebung wie den EOTC-Seiten ist die Gefahr pietätslos zu sein, von Haus
aus sehr gering. Sicherlich wird hierorts niemandem in den Sinn kommen, Sinatra seines Haarausfalles wegen zu verachten oder gar zu verhöhnen. Dies wäre in der Tat pietätslos.

In diesem Essay sollen in erster Linie die Toupets des Barden thematisiert werden, nicht
der Haarausfall an sich, der ja als eine Art „höhere Gewalt“ anzusehen ist und für den Sinatra – wie wohl nicht eigens angemerkt werden muss – nichts konnte. Die Toupets wiederum aber zeugten vielfach von recht wenig Geschmack – insofern liegt es dann an Sinatra selbst, wenn er mit diesen teils heillos kuriosen Behelfen für den einen oder anderen von ihm nicht bewußt initiierten Lacher sorgte. Ein von Haarausfall geprägter Kopf reizt an sich ja nicht per se zum Lachen - wohl aber unter Umständen ein schlechtgewähltes oder schlechtsitzendes Toupet.
Da Sinatra´s Toupets (wie wir in Folge noch erörtern werden) oft schlecht gewählt beziehungs- weise schlecht gefertigt waren, wäre es meines Erachtens würdevoller gewesen, er hätte sich dem Volke so präsentiert, wie es Gott gefallen hat, ihn zu schaffen. Zumindest aber hätte er sich mit
Bing Crosby in Verbindung setzen müssen, dieser wußte offenbar, aus welchen Quellen natürlich wirkende Haarteile zu beziehen waren – so natürliche, dass ich lange Zeit gar nicht argwöhnte, dass Crosbys Haartracht künstlichen Ursprungs war, so natürlich kleideten ihn seine künstlichen Substitute. - Doch widmen wir uns nunmehr dem eigentlichen Thema:

Lassen Sie mich ein paar Worte zur Aufarbeitung dieses Themas vorausschicken: Befassen wir uns unter anderem mit der Frage, seit wann genau Sinatra auf diese Behelfe zurück- gegriffen hat, welche Stelle seines Hauptes vom Kahlschlag betroffen war und ähnliches mehr. Ich habe sehr viel Zeit damit verbracht, über den Sinn oder Unsinn von Sinatras Gewohnheit, ein Toupet zu tragen, nachzudenken. Ich habe die verschiedenen Modelle, welche ihn im Laufe seiner Karriere begleiteten, betrachtet und deren Glaubwürdigkeit und sonstige allgemeine Beschaffenheit aus meiner persönlichen Sicht beurteilt.

Weiters werde ich die Notwendigkeit für Sinatra, sich solcher Behelfe überhaupt zu bedienen – wäre es nicht etwa würdevoller gewesen, das Manko gelassen hinzunehmen? - hinterfragen. In der Tat: Die Liste berühmter Persönlichkeiten auch aus dem Showgeschäft, die sich durch schütteren oder gar nicht vorhandenen Haarschmuck nicht irritieren haben lassen, ist lang.

Beschäftigt man sich mit den haarigen Behelfen des Barden, so muss selbstverständlich - ja, geradezu naturgemäß - auch die qualitative Beschaffenheit von Sinatras Toupets Berücksicht- igung finden. Das Problem, welches sich hiebei auftut, ist zwangsläufig, dass kaum jemand über folgende Fragen wirklich Bescheid weiß beziehungsweise darüber Auskünfte erteilen
kann und mag: Handelte es sich um Kunsthaar, Echthaar oder Tierhaar? Waren die Toupets aufgeklebt oder gar mit dem Resthaar kunstvoll verwoben, waren sie abnehmbar oder dauerhaft befestigt wie etwa eine Brücke im Gegensatz zum herausnehmbaren Zahnersatz? Trug Sinatra seine Toupets nur in Zusammenhang mit seinem Beruf und bei öffentlichen Anlässen, bei denen (Bild)Reporter zugegen waren oder war er es gewohnt, auch im Familienkreise Toupets zu tragen? Trug er diese Toupets aus sozusagen beruflicher Notwendigkeit oder war es im Falle Sinatras vielleicht doch eher Geckenhaftigkeit, welche ihn dazu veranlasste? In der Tat
ist überliefert, dass der Barde immer peinlich genau auf sein Äußeres achtete - dieser Umstand dürfte somit manches erklären, nicht jedoch dass sich Sinatra bei der Auswahl
seiner Toupets so häufig hat fehlleiten lassen.

Die weitaus interessanteste Frage überhaupt dürfte vielleicht sein, seit wann Sinatra Toupets getragen hat. In den Anfangsjahren seiner Karriere konnte der Barde - wie wir alle wissen - einen recht üppigen Haarwuchs vorweisen ("An manchen Abenden habe ich schief gestanden"; FS in der Fersehshow A Man And His Music, 1965). Jedoch schon aus dem Jahre 1954 liegen mir zwei wunderbare und in dieser Art seltene Bilder vor, in denen deutliche Ansätze von Geheimratsecken zu erkennen sind (Aufgrund unsinniger, mir zumindest völlig unverständlicher Urheberrechtsbestimmungen sehe ich davon ab, Ihnen diese Bildbeispiele hier zu präsentieren - suchen Sie bei allfälligem Interesse bitte selbst in den Weiten des Worldwide Web nach entsprechendem Bildmaterial, nur allzu gerne würde ich Ihnen das eigenhändige Herumsuchen ersparen, aber leider, leider - siehe oben... so gern es mir also leid tut, liebe Besucherin, werter Besucher - ich darf Sie bitten, in diesem Fall ausnahmsweise selbst Hand anzulegen. Auch aus den frühen 50ern sind mir Bilder im Gedächtnis, auf denen in Andeutungen bereits der zurückweichende Haarwuchs zu erkennen ist.

In den 60ern verflüchtigte sich des Barden Eigenhaar soweit, dass es - wie glaubhaft überliefert wird - bereits erste Haar-Transplantationen gab, dies zeigt, dass Sinatra im leidenschaftlich geführten Kampf gegen den Schwund seiner Haarpracht nicht nur zu Toupets griff.

Die Frage, ob Sinatras Toupets natürlich wirkten, kann in fast jedem Fall ganz entschieden
mit einem kategorischen "Nein" beantwortet werden. Die Künstlichkeit der Haarteile war stets sogar für völlig arglose Zeitgenossen evident und beim besten Willen nicht zu übersehen. Eine Frage an die werten Freundinnen und Freunde: Kennen Sie dieses schreckliche, strohartige Teil, das er beispielsweise in dem '70er London-Konzert getragen hat (auf VHS/DVD unter der Bezeichnung Sinatra In Concert: Royal Festival Hall erschienen)? - Meiner Meinung nach
die Höhe der Geschmacklosigkeit, das sieht wirklich zum Lachen unnatürlich aus, völlig unauthentisch! In der Tat an Lächerlichkeit kaum zu überbieten – diese Frisur pflegte man zu meiner Zeit als „schwulen Scheitel“ zu bezeichnen. Nun waren die Frisuren der ausgehenden 60er und beginnenden 70er Jahre aus heutiger Sicht zwar ohnehin häufig lächerlich, doch dieses damals von Sinatra verwendete Toupet dürfte sogar in damaligen Tagen für laute und herzhafte Lacher gesorgt haben. Wertes Publicum – so gern es mir Leid tut: es handelt sich fraglos um eine ästhetische Katastrophe: aus heutiger Sicht, aus damaliger Sicht, aus jeder Sicht. Das Teil, welches der Barde anno 1974 während des Main Event- Konzertes trägt, ist auch nicht gerade pralle (gelinde gesagt), aber wenigstens etwas dezenter, als das eben erwähnte.

Auf seiner 40th Anniversary Show (als The First 40 Years ebenfalls auf VHS/DVD erschienen) trägt Sinatra (vermutlich) kein Toupet und ist in seiner vollen Natürlichkeit zu sehen. Für meine Augen wirkt das sehr viel ästhetischer als diese ekligen und völlig unnatürlich wirkenden Toupets der Jahre davor. Wobei anzufügen nicht vergessen werden darf, dass es sehr wohl Stimmen gibt, welche vehement die Meinung vertreten, Sinatra habe auch anlässlich der Anniversary Show ein Toupet getragen,  – ein Modell Marke „Bagno-Sträfling“, mit sehr kurz geschorenem (daher vielleicht etwas natürlicherem) Look, aber mit einiger Sicherheit nicht
sein eigenes Haar – und auch nicht das Ergebnis einer Transplantation. Wie dem auch sei, nichts genaues weiß man nicht...

Irgendwann Anfang der 80er Jahre soll dann wieder eine Haartransplantation stattgefunden haben (pünktlich zu den Dreharbeiten von The First Deadly Sin). In den späten 80ern und frühen 90ern häufen sich dann wieder die Peinlichkeiten betreffs Toupets, auch hier gibt es jedoch Ausnahmen, bis wir Sinatra nach seinem endgültigen Rückzug von der Bühne dann endlich in seiner natürlichen und völlig unverälschten Erscheinung sehen konnten. Anno 1995 etwa entstand ein Foto, welches den Barden ohne Toupet und einem eisgrauen Bart Marke "Kapitän Ahab" in einem Restaurant zeigt, angeregt vertieft in eine Unterhaltung mit seiner Enkel-Tochter. Auf diesem Foto - ohne Theaterschminke, ohne Toupet und bärtig - ist Sinatra eigentlich kaum zu erkennen, ich bin ziemlich sicher, dieses Erscheinungsbild garantierte dem emeritierten Entertainer Of The Century größtmöglichste Anonymität in der Öffentlichkeit (welcher er aber spätestens nach 1995 aufgrund seines sich mehr und mehr verschlechternden Allgemeinzustands schlussendlich gänzlich abhanden kam). Gerade auf erwähntem Foto sieht man meiner Meinung nach sehr gut, dass der greise Barde mit Platte eigentlich einen würdiger- en Eindruck macht als mit schlechtsitzendem, unnatürlich wirkendem Toupet.

Somit komme ich nunmehr zu dem Schluss, dass es - zumindest aus meiner prinzipalen Sicht - durchaus Sinatra zuträglich gewesen wäre, hätte er einfach den Dingen seinen Lauf gelassen und sich mit dem Schwund seines Schopfes abgefunden. Ich bin mir sicher, sein Publicum, welches ihn vielmehr seiner Kunst als seines Haarwuchses wegen schätzte, hätte die Platte mit einem Achselzucken hingenommen und die Ehrlichkeit, mit welcher der Barde zu seinem schwindenden Haupthaar gestanden wäre, durchaus zu würdigen gewusst. Auf seine Popular- ität und seine Plattenverkäufe hätte sich diese Ehrlichkeit bestimmt nicht negativ ausgewirkt. Gerade die Uneitelkeit, die Sinatra hätte beweisen können, hätte ihn vielen seiner Gegner und Kritiker womöglich sogar sympathisch gemacht.

Teures Publicum: Vielleicht werden jetzt einige unter ihnen sagen: Ja, der Prinzipal hat freilich leicht reden mit dem vollen Schopf, der sein eigenes Haupt ziert und weiß nichts von den Qualen, denen ein Mann mit Haarausfall ausgesetzt ist. Meine Damen und Herren: Diese Qualen sind jedoch nur eingebildeteter Natur und entspringen der unnötigsten Charakter- eigenschaft, die ein Mensch überhaupt nur haben kann, nämlich der Eitelkeit. Überwinden Sie die Eitelkeit, liebe Leserinnen und Leser, und die schwindende Haarpracht wird Ihnen keinerlei Probleme psychischer Natur bereiten. Ich selber bin in der Tat mit sehr dichter Kopfbehaarung gesegnet und das Personal in den Frisierstuben gerät darüber regelmäßig ins Schwärmen. Dennoch, meine Damen und Herren: Wer kann wissen, wie ich in zwanzig Jahren vor Sie hintrete? Ich werde jedoch mit meiner Platte - so sie denn kommen möge - keine Probleme haben, da mir jede Eitelkeit fehlt - denn Eitelkeit ist meiner Meinung nach unvernünftig und nichts schätze ich mehr als eben die Vernunft.




 
Songs im Vergleich:

I´ve Got You Under My Skin
12. Januar 1956 (Capitol)
30. April 1963 (Reprise)
1. Juli 1993
(Capitol)

Die wohl beste Version des Titels hat Sinatra 1956 für das Album Songs For Swingin´ Lovers abgeliefert. Der Song ist fast eine Quintessenz dessen, was Sinatra ausmacht. Einem Menschen, der Sinatra über- haupt nicht kennt, könnte man zur anschaulichen Charakter- isierung des Phänomens Sinatra ohne viel Worte zu machen, ganz einfach diese Nummer vorspielen.

Die 63er-Version steht dem nicht viel nach, ist aber in Anbetracht der genialen Vorlage gewissermaßen unnötig, vor allem weil Sinatras Interpret- ation sich höchstens ganz geringfügig von der Original- Version unterscheidet.

Die Studio-Aufnahme von 1993, erschienen auf Duets, ist im Vergleich dazu höchst uner- quicklich. Sinatras Gesang ist ein wahres Trauerspiel, müde, ausgebrannt und verbraucht müht sich der Altstar hier vergebens ab. Damit nicht genug, wird der Hörer auch noch von dem unerträglichen Geschmachte von Bono strapaziert. U2 sind zwar
eine sehr gute Rock-Band,
aber zu den Liedern des Great American Songbook hat Bono nun wirklich keinen Zugang. Peinlich bis lächerlich, was
er hier auf dieser Aufnahme vollführt.


 
Songs im Vergleich:


Street Of Dreams
15. Mai 1942  (RCA)
18. Sept. 1979 (Reprise)


Ich für meinen Teil jedenfalls kann nicht behaupten, dass mich irgendeine der mir bekannten Versionen nachhaltig beeindrucken
würde, weder die ganz frühe Version mit Tommy Dorsey,
bei welcher sowohl Sinatra als auch sein Brotherrr Dorsey für meinen Geschmack etwas zu kurz kommen (im wesentlichen handelt es sich um eine Chor- Gesangsnummer), noch die Trilogy-Version, die allerdings zumindest ein gutes Arrange- ment besitzt und Sinatra in für sein Alter erstaunlicher Form zeigt. Der Instrumental-Teil am Ende der Trilogy-Version zeigt eindrucksvoll die Fähigkeiten von Billy May, aber leider,
leider endet der Song hier
ohne wirklichen Schlusspunkt in einem Fade-Out.

Neben dieses beiden Studio- Versionen gibt es auch noch eine Live-Version aus dem Sands -Album und hier ist es vor allem die Basie-Band, die den Song hörenswert macht – Sinatra selbst könnte stimmlich jedenfalls sicher besser sein, bei mindestens zwei Gelegen- heiten bricht seine Stimme leider ganz deutlich.