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“Basically, I'm for anything that gets you through the night - be it prayer, tranquilizers or a bottle of Jack Daniels.”

“Critics don't bother me because if I do badly, I know I'm bad before they even write it. And if I'm good, I know I'm good. I know best about myself, so a critic doesn't anger me.”

“The thing that influenced me most was the way Tommy played his trombone. It was my idea to make my voice work in the same way as a trombone or violin - not sounding like them, but "playing" the voice like those instrument- alists.”
Serge Gainsbourg

Chansonnier, Komponist, Schauspieler und Schriftsteller (1928-1991)

Wertes Publicum, Ihnen diesen Mann vorzustellen ist wahrlich als würde man Papageien nach Paris tragen: Jeder kennt, jeder schätzt diesen Ausnahmekünstler, welcher zweifelsohne als der größte und wichtigste Poet und Komponist französischer Populärmusik angesehen werden kann, darf und sogar muss. In der Tat:
Monsieur Gainsbourg war und ist - auch nach seinem viel zu früh erfolgten Heimgang - Frankreichs größter Popstar, auch gut zwanzig Jahre nach seinem Ableben ist sein Einfluss in der französischen Pop-Szene (und nicht nur in dieser) unüberhörbar.

Der große Gainsbourg, ein französisches Nationalheiligtum und Kulturgut ersten Ranges, wurde am 2. April des Jahres 1928 zu Paris geboren - sein wirklicher Name lautete Lucien Ginsburg. Seine Eltern waren russisch-jüdische Immigranten. Der Vater betätigte sich als Pianist in Bars und Kabaretts, um die hungrigen Mäuler seiner Familie zu stopfen. Von ihm erhielt Gainsbourg auch seine erste musikalische Erziehung. Darüberhinaus auch sehr an Malerei interessiert, schrieb Serge Gainsbourg sich bereits im Alter von nur zwölf Jahren -
anno 1940 um genau zu sein - in die Académie Montmartre ein. Während der bald folgenden Kriegsjahre, in welchen Deutschland Frankreich vergewaltigte und besetzt hielt, war die Familie aus naheliegenden Gründen 1941 gezwungen, Paris zu verlassen und versteckte sich vor den grausamen SS-Schergen auf dem Lande.

Nach dem Krieg unbeschadet wieder nach Paris zurückgekehrt, befreundete sich Gainsbourg mit dem berühmten Maler Salvador Dali - der Kontakt zu dieser Ikone des Surrealismus wurde von Gainsbourgs späteren ersten Ehefrau Elisabeth Levitsky hergestellt. Gainsbourg und Levitsky vermählten sich anno 1951. Dieser Ehebund sollte immerhin bis 1957 halten. Zu dieser Zeit fühlte sich Gainsbourg ganz der Malerei verpflichtet, lebte von gelegentlichen Arbeiten und gab Zeichen- aber auch Gesangsunterricht.

Im Jahre 1957 nahm Gainsbourg eine Stellung als Begleitpianist der Sängerin Michèle Arnaud
an und absolvierte mit ihr zahlreiche Auftritte in Pariser Nachtklubs, im Verlaufe derer sie auch von Gainsbourg geschriebene Chansons zu Gehör brachte. Im Jahr darauf nahm sie einige dieser Lieder Gainsbourgs auch im Plattenstudio auf. Damit, meine sehr verehrten Damen
und Herren, begann der Aufstieg Gainsbourgs zum bedeutendsten Komponisten und Chansonnier Frankreichs - in den folgenden Jahren konzentrierte sich Gainsbourg auf das Schreiben von Liedern, welche auch bald von bekannten Interpreten aufgenommen wurden
und brachte ab 1958 bis zum Jahre 1987 auch Alben unter eigenem Namen heraus. Im Laufe der Jahre änderte er mehr als einmal seine musikalische Ausrichtung, machte Jazz-Alben, Chanson-Alben, Rock-Alben, sogar Disco-Alben und experimentierte schon früh mit afrikan- ischer Musik. Auch klassische Musik diente ihm des Öfteren als Inspirationsquelle für seine Werke. Eine wichtige Station für die Karriere des Meisters war der Eurovision Song Contest von anno 1965, als die junge Sängerin France Gall mit dem von Gainsbourg verfassten Lied Poupée de cire, poupée de son den Bewerb für sich entscheiden konnte. Heute gehört der Song zu den Klassikern des Oldie-Genres und ich darf füglich annehmen, dass Sie alle,
meine hochverehrten Leserinnen und Leser, diesen Song augenblicklich im Ohr haben, sobald Sie nur den Titel lesen. Mir zumindest ergeht auf genau diese, von mir eben beschriebene Art und Weise. Durch diesen Titel wurde Gainsbourg nun auch einem breiten Massenpublicum bekannt. Gainsbourg, dessen Chansons zuvor sehr vom Jazz beeinflusst waren, verlegte sich jetzt mehr und mehr auf zeitgenössische Pop-Musik und trat verstärkt selbst als Interpret seiner Lieder hervor.

Der charismatische und blendend aussehende Gainsbourg, dem stets der Ruf eines notorisch- en Schwerenöters und Pantoffelhelden vorauseilte, war zweimal verheiratet, der ersten Ehe blieb Kindersegen versagt, seiner zwoten Ehe entsprangen eine 1964 geborene Tochter sowie ein 1968 geborener Sohn - wobei diese Ehe allerdings schon anno 1966 geschieden wurde.

Ab 1969 war Gainsbourg mit der um achtzehn Jahre jüngeren englischen Schauspielerin Jane Birkin liiert, dieser bis in die frühen 80er Jahre andauernden Beziehung entstammt die 1971 geborene gemeinsame Tochter Charlotte Gainsbourg, heute eine hochdekorierte und sehr bekannte Aktrice und Chanteuse. Anno 1969 gelang ihm auch sein größter Erfolg - ein Lied,
mit welchem er künftig für immer assoziiert werden sollte, obwohl es nicht unbedingt die Qiuntessenz seines Gesamt-Schaffens zum Ausdruck bringt: Das im Duett mit Jane Birkin gesungene - vielmehr gestöhnte - Je t'aime... moi non plus wurde zum Welthit und löste ausgesprochen kontroverse Reaktionen aus. Vor allem das konservative Publicum empfand den Song als eindeutig zu weit gehend und als Provokation. Heutzutage mag man freilich darüber lächeln - ich gehe davon aus, dass Sie alle, werte Leserinnen und Leser, diesen
Song kennen und ihn in ihren heimischen Musiktruhen zur Verfügung halten - , aber zur damaligen Zeit löste die Aufnahme einen unerhörten, ja: riesigen Skandal aus, welcher naturgemäß der Popularität von Gainsbourg nur von Nutzen war.

Großen Nutzen aus diesem Lied und dem damit verbundenen ungeheuren Skandal zog auch Jane Birkin, deren heutiger Ikonen-Status nicht zuletzt auch in dieser Aufnahme begründet liegt.

Anno 1971 schuf Serge Gainsbourg zusammen mit dem Arrangeur Jean-Claude Vannier das Konzept-Album Melody Anderson, welchem zunächst nicht eben sehr viel Erfolg beschieden war. Heute jedoch gilt dieses Album als ein Meilenstein der französischen Pop-Musik und seinerzeit sträflich verkanntes Meisterwerk. Das Album, welches eine tragische Liebesge- schichte erzählt, entstand unter Mitwirkung von Jane Birkin und wurde seinerzeit auch zur Gänze verfilmt.

Der umtriebige, multitalentierte Künstler trat auch als Schauspieler, Drehbuchautor und Komponist von Filmmusik hervor, wirkte in diesen verschiedenen Eigenschaften bei mehr
als fünfzig Filmen mit und hinterließ somit auch in diesem Genre eine herbe und markante Duftnote, die bis auf den heutigen Tage wahrgenommen werden kann und wohl noch Jahrzehnte weiterwirken wird.

Im Jahre 1973 erlitt der zum Exzess neigende Poet und Chansonnier seinen ersten Herzinfarkt - kaum wiederhergestellt, ging er auch schon wieder zur Aufnahme weiterer Konzept-Alben über. Unter anderem verarbeitete er seine Jugenderfahrungen während der schrecklichen deutschen Besatzung in dem Album Rock Around The Bunker. Anno 1979 orientierte sich Gainsbourg völlig neu und wandte sich dem Reggae zu. Er begann in Jamaika mit der Band von Bob Marley zusammenzuarbeiten, was schließlich zur Aufnahme des Albums Aux armes
et cætera führte. Die seinerzeit veröffentlichte gleichnamige Single erwies sich als Reggae- Version der französischen Nationalhymne La Marseillaise, was Gainsbourg freilich umgehend einen neuerlichen Skandal und Kritik von seiten gewisser gesellschaftlicher Schichten ein- brachte. Sie wissen ja, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass nicht wenige Franzosen vor Nationalstolz förmlich geschwollen sind - für jene Leute musste das Lied nun freilich wie ein Schlag ins Gesicht wirken. Gainsbourg, der immer gerne mit den Mitteln der Provokation spielte, dürfte angesichts der zu erwartenden und postwendend eingetroffenen Reaktionen höchst befriedigt gefeixt haben - ohhhh, welch ein charmantes Schlitzohr, Hut ab, alle Ehre!

Im selben Jahr 1979 ging der große Mann des französischen Chansons nach vielen Jahren
erstmals wieder auf Tournee, im Jahr darauf veröffentlichte er seine Novelle Die Kunst des Furzens - Das explosive Leben des Evguénie Sokolov. Im Laufe der 80er Jahre verselb- ständigte sich immer mehr das von ihm geschaffene Alter Ego Gainsbarre, eine Kunstfigur,
die er in einigen von seinen Liedern beschrieb und zu der er zunehmend selbst wurde: Ein
Trinker, Kettenraucher und notorischer Provokateur mit ausgeprägtem Hang zu Exzessen und Auschweifungen jeglicher Art, auf ständigem Konfrontationskurs mit der Gesellschaft und sich selbst. Als Gainsbarre tat er Dinge, vor denen der im Grunde eher introvertierte Gainsbourg vermutlich zurückgeschreckt hätte. So etwa erklärte er vor laufender Kamera in einer TV-
Show einer konsternierten Whitney Houston "I would like to fuck you". - Anno 1986 wurde Gainsbourg erneut Vater eines Sohnes. Mutter dieses Nachzüglers ist die zwounddreißig
Jahre jüngere Sängerin Bambou. Seine letzten Lebensjahre kämpfte der langjährige Ketten- raucher mit gesundheitlichen Problemen und absolvierte seine Konzerte regelmäßig auch in offenbar angetrunkenem Zustand. Sein von diversen Exzessen arg gebeutelter, gesundheitlich angeschlagener Körper versagte dem großen Künstler am zwoten März 1991 schließlich den Dienst. Serge Gainsbourg, unter den Größten der vielleicht Größte, wurde von einem tödlichen Herzinfarkt im Alter von nicht ganz 63 Jahren je hinweggerafft.

Durch sein verhältnismäßig frühes, jedenfalls unerwartetes - von ihm selbst durch seinen
Lebensstil nicht ganz unverschuldetes Ende - wurde Gainsbourg freilich endgültig zum
Mythos, zur verklärten Legende, zur Ikone, zur Kult-Figur. Der trotz seiner Trinkgewohnheiten bis zuletzt fabelhaft aussehende geniale Poet, Komponist und Chansonnier wurde auf dem Pariser Friedhof Montparnasse beigesetzt - so groß war die Anteilnahme der Bevölkerung, dass zeitweise gar der öffentliche Verkehr zum Erliegen zu kommen drohte. Sein Grab wurde rasch zu einer Stätte beinahe kultischer Verehrung und wird regelmäßig von seinen vielen Anhängern und Fans mit Whiskey-Flaschen, Gedichten, Bildern, Zigaretten (natürlich Gitanes) und Blumen dekoriert. Auch gute zwanzig Jahre nach seinem Tod gehören T-Shirts mit der Aufschrift "I Love Serge" und Bänkelsänger, die in Fußgängerzonen seine Lieder singen,
zum täglichen Pariser Straßenbild. Unzählige Straßen und Plätze wurden zudem nach
diesem großen Sohn Frankreichs benannt.

2010 wurde Gainsbourg ein filmisches Denkmal gesetzt: Der Kino-Film Gainsbourg (vie héroïque) setzt sich - auf mit mitunter auch eigenwillige Weise - mit Leben und Wirken des Ausnahmekünstlers auseinander.

Gainsbourg, das Enfant Terrible, der notorische Provokateur, das oft von dunklen Leidenschaft- en getriebene Genie, die Kult-Figur mit dem unglaublichen Charisma mag tot unter der Erde liegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, nichts trotz desto: Die Legende lebt, wird
ewig weiterleben! Serge Gainsbourg, der große Serge Gainsbourg - er lebe hoch! hoch! hoch!




 
Schaffen und Wirken


Die wichtigsten Platten
Du chant à la une !... (1958)
No. 2 (1959)
L'étonnant Serge Gainsbourg (1961)
No. 4 (1962)
Gainsbourg confidentiel (1963)
Gainsbourg percussions (1964)
Initials B. B. (1968)
Jane Birkin Serge Gainsbourg (1969)
Histoire de Melody Nelson (1971)
Vu de l'extérieur (1974)
Rock around the bunker (1975)
L'Homme à tête de chou (1976)
Aux armes et caetera (1979)
Love on the beat (1984)
Gainsbourg Live (1986)
You're under arrest (1987)
Le Zénith de Gainsbourg (1989)

Empfehlenswerte Sampler
De Gainsbourg à Gainsbarre  (1991)
Du jazz dans le ravin (1997)
Couleur Café (1997)
Comic Strip (1997)
Le cinéma de Gainsbourg  (2001)

Sammlereditionen
Gainsbourg forever 17 CDs (2006)
Mister Melody 4 CDs (2006)

Die wichtigsten Filme
Anna (1967)
Slogan (1969)
Cannabis - Engel der Gewalt (1970)
Je t'aime ... moi non plus (1976)
Die Männer, die ich liebte (1980)
Équateur (1983)