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“Basically, I'm for anything that gets you through the night - be it prayer, tranquilizers or a bottle of Jack Daniels.”

“Critics don't bother me because if I do badly, I know I'm bad before they even write it. And if I'm good, I know I'm good. I know best about myself, so a critic doesn't anger me.”

“The thing that influenced me most was the way Tommy played his trombone. It was my idea to make my voice work in the same way as a trombone or violin - not sounding like them, but "playing" the voice like those instrument- alists.”
Nothing But The Best

Im Lenz 2008 rechtzeitig zur zehnjährigen Wiederkehr des Todestages Sinatras auf den Markt geworfen, stellt diese CD den Anspruch "nothing but the best" zu beinhalten - je nun: ein hehrer Anspruch, dem diese Kollektion meiner unmaßgeblichen Meinung nach nicht so ganz gerecht wird. Aber wie so manches im Leben, so ist auch die Titelauswahl von Samplern durchaus Geschmacksache, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Was wäre ein Reprise-Sampler ohne die schon von unzähligen anderen Kompilationen sattsam bekannten Welthits des Barden? So hat man die vier allerbekanntesten Sinatra-Songs hier noch
einmal vor den Karren gespannt, auf dass die Verkaufszahlen in die Höhe schnellen mögen:
Mit anderen Worten - auch hier muss man nicht auf die übliche Zwangsbeglückung mit My Way, Strangers In The Night, Something Stupid sowie (Theme From) New York, New York verzichten.
Diese Songs sind zwar freilich nicht zum qualitativ Besten aus Sinatras reichem Oeuvre zu zählen, aber in erster Linie will man diesen Sampler an den Mann (bzw. die Frau) bringen und
genannte Songs sind zweifelsohne stichhaltige verkaufsfördernde Argumente. Der Rest des Programms besteht aus Songs, die zumindest in der überwiegenden Mehrzahl eine gewisse
künstlerische Qualität aufweisen, wenngleich mir persönlich scheinen will, dass sich hier doch
auch allerlei Liedgut aus der (auf Sinatra bezogen) zweiten Liga eingeschlichen hat. Meine Damen und Herren, es wäre traurig, wenn diese Auslese wirklich das Beste von The Voice sein
sollte - es ist es nicht, mit Sicherheit nicht. Oh, meine Damen und Herren, wann wird Reprise
endlich ein Einsehen haben und mich, den Prinzipal der EOTC-Seiten und Ihren ergebenen Diener, mit der Zusammenstellung einer wirklich repräsentativen Best-Of-Auslese beauftragen?

Für den Einsteiger wird zumindest ein gar nicht einmal so übler Querschnitt aus Sinatras Reprise-Schaffen geboten, in der Tat gibt es so manchen wirklich erquicklichen Titel zu ent- decken, der es bislang nie auf einen Best-Of-Sampler geschafft hat. Die Up-Tempo-Nummern
sind hier deutlich in der Mehrheit - Sinatra, der Balladeninterpret wird hier eigentlich mehr oder
weniger nur am Rande gestreift, zumindest nicht ausführlich genug gewürdigt, was den Kenner dann doch auch wieder etwas verdrießlich stimmt. Immerhin hat der Barde Gelegenheit, mit
Bewitched, It Was A Very Good Year, Moonlight Serenade sowie Drinking Again zu glänzen, letzterer Titel ist für mich besonders hochwillkommen, halte ich den Song doch schon seit ewigen Zeiten für einen der besten, vielleicht sogar den besten Saloon-Song, den Sinatra je
intoniert hat. Mit The Girl From Ipanema wird der legendären Zusammenarbeit mit Antonio Carlos Jobim Tribut gezollt - vielleicht nicht der beste Titel des Sinatra-Jobim-Albums, aber sicherlich der bekannteste, und das dürfte den Ausschlag dafür gegeben haben, die Nummer hier zu inkludieren.

Die Swing-Fraktion wird bestens bedient, schon die ersten vier Songs des Samplers schlagen in diese Kerbe und sorgen von Beginn weg für Stimmung - wer könnte sich der Wirkung von Come Fly With Me und The Best Is Yet To Come entziehen? Hochkarätig sind selbstverständlich auch Fly Me To The Moon sowie My Kind Of Town.

Nun zu den erwähnten Songs aus der zweiten Liga, welche im Grunde auf einem Sampler der sich anmaßt, nothing but the best zu bieten, eher Fehl am Platze sind: The Good Life, aus der Zusammenarbeit mit Count Basie, ist absolut durchschnittlich, Summer Wind und Call Me Irresponsible sind gefällig, aber sicher keine Highlights, selbiges gilt für That´s Life und All My Tomorrows, wobei noch anzufügen wäre, dass ich der Meinung bin, Sinatra hätte von That´s Life besser die Finger lassen sollen. Die Nummer hat zwar einen gewissen Bekanntheitsgrad, passt aber eigentlich kaum zu Sinatra und ist für sein Schaffen eher wenig repräsentativ. Wenn Sie, meine Damen und Herren, eine wirklich gelungene Version von That`s Life hören wollen, so sollten Sie sich umgehend mit der Aufnahme von Bono versorgen, welche vor einigen Jahren für einen Film-Soundtrack entstand. - Wenn ich mich recht erinnere, hieß der Film The Good Thief mit Nick Nolte in der Hauptrolle. Nothing But The Best hört man hier wohl auch nur, weil die Kompilation einen griffigen Titel haben sollte - der Song ist gerade mal durchschnittlich.

Je nun, außer dem Evergreen (Theme From) New York, New York hat man sich weitere Proben aus dem Alterswerk des Barden nach 1970 versagt - eine durchaus weise Entscheidung, welche zugleich auch einiges über den Stellenwert dieser Periode in Sinatras Schaffen aussagt. Doch halt, werte Leserin, werter Leser - es gibt noch ein zwotes Beispiel für Sinatras Alterswerk, auf welches wir gleich zurückkommen werden.

Zuvor jedoch wollen wir uns der technischen Seite dieser Produktion zuwenden: Die Aufnahmen, welche für diesen Sampler ausgewählt wurden, sind nämlich einer Art Frischzellenkur unter- zogen worden, was manchen Puristen unter den Sinatra-Anhängern möglicherweise nicht unbedingt gefallen wird. Es scheint, als hätte man nachträglich den Pegel erhöht, um die Titel lauter klingen zu lassen, auch wurde das bei vielen audiophil veranlagten Hörern verhasste Kompressionsverfahren angewandt - je nun: Die klanglichen Ver(schlimm)besserungen sind jedenfalls klar hörbar, Sinatras Stimme klingt präsenter als je zuvor, auch scheint man bei einigen Titeln die Instrumente anders abgemischt zu haben - mitunter hat man in der Tat den Eindruck, man lausche einem Alternate Take. Für mein Gehör klingen die Aufnahmen besser
als je zuvor, aber jeder Hörer mag das selbst beurteilen.

Von einigen Titeln gibt es veränderte Versionen zu hören: Come Fly With Me sowie Strangers In
The Night haben ein alternatives Ende, wobei hier Teile von unveröffentlichten Alternate Takes zum Einsatz kamen. Außer bei den erwähnten hat man auch bei manchen anderen Songs den Eindruck, vorher noch nicht Gehörtes zu bemerken, was aber teilweise sicherlich auf das Remastering zurückzuführen ist. Der Song Bewitched wird leider um einen Moment zu spät
gestartet, sodass bei "She´s a fool..." das "s" verlorenging und der Barde neuerdings "He´s a fool..." singt - ein Patzer, der eigentlich nicht hätte passieren dürfen. Um nun auch dem Sinatra- Sammler einen Grund zu geben, sich diesen für ihn ansonsten entbehrlichen Sampler zu kaufen, hat man sich durch die Archive gewühlt und ist auch fündig geworden: Body And Soul in einer Aufnahme von 1984. Die Nummer wurde während der Sessions für das nahezu völlig verun- glückte Album
L.A. Is My Lady eingespielt, aber nicht auf das Album übernommen, im Booklet der CD wird sogar der Eindruck erweckt, Sinatra habe die Nummer bei diesen Sessions nie gesungen. Auch auf der gewaltigen, ganze 20 CD´s umfassenden Werkschau The Complete Reprise Studio Recordings tauchte der Titel nicht auf. Seitdem verstummten nie die Gerüchte, die Nummer würde doch in irgendeinem Archiv schlummern. Nun also hat man Body And Soul doch noch exhumiert und den Instrumental-Part mit neuem Arrangement unter der Leitung von Sohnemann Frank jr. neu eingespielt. Das streicherbetonte neue Arrangement stammt von Torrie Zito (Anmerkung: beim Album L.A. Is My Lady wurde auf Streicher verzichtet, somit ist davon auszugehen, dass auch das Original-Arrangement ohne Streicher auskam).

Wertes Publicum, für einen Sinatra-Anhänger ist es, als fielen gleich mehrere hohe Feiertage zusammen, wenn man ihm einen bislang unveröffentlichten Titel des Barden kredenzt. Ihr Prinzipal macht da keine Ausnahme - mit größter Spannung fieberte ich dem Hörerlebnis entgegen. Während des Abhörens der Aufnahme macht sich allerdings sehr rasch tiefgreifende Ernüchterung breit: Man versteht nur zu gut, warum der Song lange verschollen blieb und seine Existenz viele Jahre sogar geleugnet wurde. Meiner Ansicht nach handelt es sich bei Sinatras Gesang um einen Probedurchlauf, bei dem er rasch gemerkt haben dürfte, dass der Song ihn überforderte, worauf es dann zu keiner regulären Master-Aufnahme gekommen ist. Sinatra stakst höchst ungelenk durch den Text, gleichsam als müsse er ihn erst noch ordentlich einstudieren,
seine Stimme ist in schrecklich schlechter Verfassung, müde, uralt und völlig verschlissen - in der Tat wirkt der Barde gute zehn Jahre älter als er es damals war. Ich habe das Album L.A. Is
My Lady einmal als "Sinatras stimmliches Waterloo" bezeichnet - Body And Soul allerdings übertrift alle bisherigen negativen Bewertungen dieser Aufnahmesessions bei weitem. Sinatra
ist in horrender stimmlicher Verfassung, was im Vergleich zu den zuvor gehörten Nummern nur um so deutlicher zu Tage tritt - meine Damen und Herren: Ich bin mir völlig sicher, Sinatra hätte zu Lebzeiten niemals und unter keinen Umständen seine Zustimmung zu einer Veröffentlichung dieser Version von Body And Soul gegeben. Wahrlich - man wünscht sich, die für die Titel- zusammenstellung dieses Samplers Verantwortlichen hätten im Sinne des Barden gehandelt und uns diesen völlig vergeigten Song erspart - Sinatra in his darkest hours, meine Damen und Herren... was bleibt mir noch zu sagen?

Fazit: Nothing But The Best hält nicht was der Titel verspricht, ist aber zumindest eine brauch- bare Zusammenstellung für alle Sinatra-Anhänger, welche eben mal Sinatra hören möchten, sich aber partout nicht für ein Original-Album entscheiden können. Der Neuling wird ebenfalls ganz gut bedient und muss auch nicht auf die bekannten Allerwelts-Hits verzichten. Der Sampler wurde übrigens in einer geradezu verwirrenden und schwindelerregenden Fülle von Versionen auf den Markt gebracht - einmal als Limited Edition, dann wieder als Christmas Limited Edition, dann wieder als CD plus Konzert-DVD, dann wieder als Limited Edition mit Briefmarke und so weiter und so fort - meine hochgeehrten Damen und Herren, entscheiden Sie sich bei einem allfälligen Kauf für jene Version, die Ihren Ansprüchen am ehesten entspricht. Die Christmas Edition übrigens wartet mit einem besonderen Bonus auf: Sie enthält das bislang nicht auf CD erschienene Album Twelve Songs Of Christmas als Zugabe. Diese Co-Produktion mit Bing Crosby und Fred Waring ist ausschließlich als Teil der Nothing But The Best-Christmas-Edition erhältlich.

Bewertung: gut




Songs
Come Fly With Me
The Best Is Yet To Come
The Way You Look Tonight
Luck Be A Lady
Bewitched
The Good Life
Fly Me To The Moon
Summer Wind
Strangers In The Night
Call Me Irresponsible
Somethin’ Stupid
My Kind of Town
It Was A Very Good Year
That’s Life
Moonlight Serenade
Nothing But The Best
Drinking Again
All My Tomorrows
My Way
(Theme From) New York, New York
Body And Soul

Produzent
Charles Pignone