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“Basically, I'm for anything that gets you through the night - be it prayer, tranquilizers or a bottle of Jack Daniels.”

“Critics don't bother me because if I do badly, I know I'm bad before they even write it. And if I'm good, I know I'm good. I know best about myself, so a critic doesn't anger me.”

“The thing that influenced me most was the way Tommy played his trombone. It was my idea to make my voice work in the same way as a trombone or violin - not sounding like them, but "playing" the voice like those instrument- alists.”
Ol´ Blue Eyes Is Back

Sehr verehrte Damen und Herren, werte Leserschaft - begeben wir uns zurück ins Jahr 1973. Nach einem nur knapp zwojährigen "Retirement" wurde Sinatra das Leben eines Show-Biz- Pensionärs offenbar doch zu langweilig und er kündigte zur Erleichterung vieler seiner Fans sein Comeback an. Wenn man bedenkt, dass viele heutige Stars sich fünf und mehr Jahre
Zeit lassen, bevor sie eine neue Produktion veröffentlichen, mutet diese zwojährige Pause
in unseren Tagen freilich eher kurz an.

Je nun: Des Barden erstes Studio-Album nach seiner Rückkehr aus dem Ruhestand wurde sinnigerweise
Ol´ Blue Eyes Is Back betitelt und entstand im Juni 1973. Im September des
gleichen Jahres wurde auch ein gleichnamiges TV-Special für das amerikanische Fernsehen produziert, welches inzwischen auch auf dem Medium Digital Versatile Disc vorliegt. Just diesem TV-Special wollen wir uns nun - so Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, freundlichst gestatten, zuwenden. Meine Eindrücke resultieren übrigens aus der Betrachtung der VHS-Version des TV-Specials. Meines Wissens nach enthält die DVD-Version keinerlei
Bonus-Material, auch entsprechen Bild- und Tonqualität in Summe ganz der VHS-Version,
welche insgesamt als für das Aufnahmejahr recht gut angesehen werden kann. Allerdings würde man sich doch eine etwas bessere Bildschärfe wünschen. Die von mir verwendete
VHS-Abspielapparatur erlaubt eine weitreichende Regulierung der Bildschärfe, sodass ich persönlich zu einem zufriedenstellenden Ergebnis gelange. Im Naturzustand belassen, also ohne die Zuhülfenahme dieser außerordentlich sinnreichen und von mir hochgeschätzten Zusatzfunktion, ist das Bild allerdings recht flau und verwaschen. Ob und inwiefern sowie in welchem Ausmaße eine solche Regulierung der Bildschärfe auch bei einer DVD möglich ist, entzieht sich meiner Kenntnis - als strikter DVD-Gegner habe ich keinerlei Erfahrung mit für diese Medien konzipierten Abspielgerätschaften.

Wohlan - Zum Progamm: Unter dem Jubel der im Studio versammelten geladenen Gäste, welche sich auch sogleich von ihren Sitzen erheben, betritt der Barde das abgedunkelte Aufnahmestudio und stimmt einen der wenigen erquicklichen Songs des oben erwähnten Comeback-Albums an: You Will Be My Music. Sinatras Auftrittskleidung ist dieselbe wie
vor seinem Retirement - der obligate Smoking samt Fliege, jedoch ist der Barde in den letzten beiden Jahren deutlich gealtert, ist etwas fülliger geworden und sein Toupet durchzieht an manchen Stellen ein Hauch von Silber. Seine Stimme entspricht diesem äußerlichen Ein- druck, ist merklich abgedunkelt und wesentlich rauher als vor dem Retirement. Je nun, dies festzustellen, hatte man schon anhand der Comeback-Platte ausreichend Gelegenheit. Am Ende des Songs sieht sich Sinatra plötzlich von der begeisterten Menge umgeben, welche
ihn beinahe schon zu erdrücken droht - oh meine sehr geehrten Damen und Herren, fast möchte man schon um Leib und Leben der Entertainment-Legende fürchten!

Nach diesem der Einstimmung dienenden Auftakt erfolgt eine Schwarzblende, worauf man Sinatra jetzt eine deutlich größere Bühne im Laufschritt erstürmen sieht - in der Tat läuft der immerhin schon fast Achtundfünfzigjährige mit erstaunlicher Behendigkeit. Im Publicum soll angeblich und dem Venehmen nach etliche Prominenz herumsitzen, ich selbst bemerkte wenig davon, allerdings gewahrt das Auge des Betrachters für einige Momente immerhin einen augenscheinlich in höchster freudiger Erregung begriffenen
Sammy Davis jr. Bevor Sinatra nun zur Tat schreitet, sprich zu singen beginnt, erläutert er dem Publicum - von diversen Witzelei- en begleitet - die Gründe für seine Entscheidung, wieder ins Rampenlicht zu treten. Dies getan, läßt er stehenden Fußes I Get A Kick Out Of You folgen, bei welchem Song er - mag es an der Hitze im Studio oder vielleicht gar an Nervosität liegen - sehr ins Schwitzen gerät, stimmlich wird der Song hingegen ganz gut bewältigt, wenngleich die Rauhigkeit seiner Stimme doch bereits hier deutlich macht, dass der Sinatra von vor dem Retirement unwider- ruflich Geschichte ist. Dennoch, dennoch, meine sehr geehrten Damen und Herren - diese Nummer sowie auch die darauffolgenden, nämlich Street Of Dreams, I´ve Got You Under
My
Skin sowie I´ve Got The World On A String, zeigen dass Sinatra hier zumindest besser
bei Stimme ist als später 1974 bei seiner in Summe nur als verunglückt zu bezeichnenden Comeback-Tour.

Das nächste Segment dieses TV-Specials zeigt Sinatra allein in einem menschenleeren Saloon an der Bar lehnend und ein Medley aus drei wunderbaren Balladen zum Besten gebend: Last Night When We Were Young, Violets For Your Furs und Here´s That Rainy
Day. Oh meine hochverehrten Leserinnen und Leser: Wie Sinatra dieses anspruchsvolle
Balladen-Medley stimmlich meistert, ist - zumal für einen erklärten Skeptiker der Post- Retirement-Phase - in der Tat erstaunlich. Ich gestehe unumwunden, von diesem Teil der Show entgegen allen meinen ursprünglichen Erwartungen recht angetan zu sein.

Nun sehen wir Sinatra in einem Regie-Stuhl sitzend und Anekdoten aus der Frühzeit seines filmischen Schaffens erzählend, ehe sich sein ehemaliger Filmpartner Gene Kelly zu ihm gesellt. Die beiden älteren Herren servieren uns ein Medley von alten Film-Songs und schwing- en dazu das Tanzbein, wie man es so bejahrten Toupet-Trägern eigentlich gar nicht zugetraut hätte. Da es hier keine Kamera-Schwenks ins Publicum gibt, ist anzunehmen, dass der App- laus für diese Szenen aus der Dose kommt. Dannach stimmt Sinatra den Klassiker Nice And Easy an, während Gene Kelly dazu eine bewundernswerte Kostprobe seines ungebrochenen Könnens als Tänzer beisteuert - wer mag wissen, welche Infusionen diese tänzerischen Höchstleistungen des damals immerhin auch schon 61-jährigen ermöglichten... Ich ziehe jedenfalls meinen Hut vor dieser mehr als respektablen Leistung.

Für das restliche Programm sieht man Sinatra nun wieder vor Publicum auf einer großen Studiuo-Bühne, das Orchester im Rücken. Es folgen drei Songs aus seinem aktuellen Comeback-Album: Zunächst Let Me Try Again, ein Song aus der Feder von Paul Anka und ein Lied, welches - in Maßen genossen - durchaus Ohrwurmqualitäten aufweist. Danach setzt sich der Barde auf die Stufen der Bühne und trägt - nur von einem auf ihn gerichteten Spot
beleuchtet - den vermutlich besten Song des Comeback-Albums vor: Send In The Clowns
von Stephen Sondheim. Als letztes Lied folgt noch einmal You Will Be My Music, nun im Gegensatz zum Beginn der Show, in einer vollständigen Version. Bei allen drei Stücken er- bringt der Barde stimmlich eine respektable Leistung - freilich kann ich nicht sagen, ob es sich nicht ohnehin bei allen Songs des TV-Specials um Voraufzeichnungen handelt, welche dann im Playback-Verfahren zugespielt wurden. Die im TV übliche Vorgehensweise bei derartigen Shows legt eine solche Vermutung jedenfalls sehr, sehr nahe. Das Publicum feiert den aus dem Ruhestand wiedergekehrten Barden jedenfalls mit ausgiebigem Applaus - als die Kamera über das Publicum schwenkt, fällt augenblicklich auf dass das Durchschnittsalter der Zuseher kaum unter Funfundsechzig liegen dürfte. In der Tat: Fast meint man, das Publicum sei aus den umliegenden Altenheimen eilig herbeigekarrt worden. Wie auch immer, lassen Sie mich zum Abschluss meiner Betrachtungen kommen - und zwar in Form eines prinzipalen Fazits:

Fazit: Sinatra macht hier durchaus eindrucksvoll auf seine Rückkehr aus dem Retirement aufmerksam - stimmlich wirkt er zwar nach seiner zwojährigen Abwesenheit leicht eingerostet, ist aber insgesamt gesehen weit besser in Form als ein Jahr später bei seiner Comeback- Tour, deren unglückseligste Momente (leider) auch auf diversen Bild- und Tonträgern festge- halten wurden. Die Songauswahl ist gut getroffen, einige bewährte Klassiker gepaart mit den drei definitv hörenswertesten Songs des damals aktuellen Albums sorgen für ein Programm
auf durchwegs hohem Niveau. Mit dem Comeback, meine Damen und Herren, eröffnete sich ein neuer Abschnitt in der Karriere des Sängers: Was nun in den kommenden Jahren am stärksten beeindruckte, waren nicht - wie zuvor in den 40er, 50er und 60er Jahren - die gesanglichen Leistungen Sinatras, sondern vielmehr die Tatsache, dass er nach wie vor
und immer noch unverdrossen einen eigentlich im Aussterben begriffenen Typus des Unterhalters verkörperte.

Bewertung: sehr gut




Songs
Sinatra:
My Way (Instrumental)
You Will Be My Music
I Get A Kick Out Of You
Street Of Dreams
I´ve Got You Under My Skin
I´ve Got The World On A String
Medley: Last Night When We Were Young/Violets For Your Furs/Here´s That Rainy Day
Take Me Out To The Ball Game (Instrumental)
I Begged Her (Instrumental)
Sinatra & Gene Kelly Medley:
We Can´t Do That Anymore
Take Me Out To The Ball Game
For Me And My Gal
Private Skinny
New York, New York
Sinatra:
Nice And Easy
Let Me Try Again
Send In The Clowns
You Will Be My Music


Aufgenommen im
September 1973