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“Basically, I'm for anything that gets you through the night - be it prayer, tranquilizers or a bottle of Jack Daniels.”

“Critics don't bother me because if I do badly, I know I'm bad before they even write it. And if I'm good, I know I'm good. I know best about myself, so a critic doesn't anger me.”

“The thing that influenced me most was the way Tommy played his trombone. It was my idea to make my voice work in the same way as a trombone or violin - not sounding like them, but "playing" the voice like those instrument- alists.”
Close To You

Sehr verehrte Damen und Herren: Sinatra, welcher im Laufe seiner langen, eigentlich überlangen Karriere stets offen dafür war, seinen eigenen musikalischen Horizont zu überschreiten und Dinge auszuprobieren, welche allem Anschein nach so gar nicht zu ihm zu passen schienen - man entsinne sich nur der beiden Kollaborationen mit dem Bossa-Nova-Meister Antonio Carlos Jobim, seiner Pop-Ausflüge der Spät-Sechziger Jahre oder auch mancherlei musikalischen Experiments zu Columbia-Zeiten, wo der Barde sich weder Gospel, Rhythm And Blues noch A-Cappella-Gesang verschließen mochte - liefert auf diesem Capitol-Album welches - wie so
oft - im Verbund mit dem Arrangeur Nelson Riddle entstand, eine der außergewöhnlichsten
und freilich auch ungewöhnlichsten Arbeiten seiner Laufbahn ab.

Schon immer war es Sinatra darum zu tun, Songs mit Streichern aufzunehmen, in der Tat, der Barde konnte gar nicht genug Streicher in seinen Begleitorchestern haben - es soll ihn in den Anfangsjahren seiner Karriere unter den Fittichen von Harry James und später Tommy Dorsey geradezu geschmerzt haben, dass auf den Aufnahmen mit diesen Bands Streicher nicht immer präsent waren. Dafür durfte er dann ab 1943 als Solo-Künstler bei Columbia-Records in den von Axel Stordahl geschriebenen Streicher-Arrangements geradezu baden, ja - wenn Sie so wollen - sich in der von ihm selbst favorisierten musikalischen Umgebung regelrecht suhlen. Genau dieser Periode verdanken wir denn auch Sinatras zweifelsfrei schönste Aufnahmen.

Noch einen Schritt weiter ging der Barde mit diesem Album: Für die Aufnahmen wurde ein klassisches Streich-Quartett verpflichtet, welches den Sound der gesamten Platte prägt und dominiert. Nur fallweise sorgen eine Rhythmus-Gruppe sowie weitere Instrumental-Solisten für Farbtupfer in der Streicher-Landschaft. Nie kam Sinatra dem Bereich der sogenannten E-Musik so nahe wie auf Close To You - weder vorher noch nachher in seiner Laufbahn. Aufgenommen wurde das Werk bei Sessions im April, März und Oktober des Jahres 1956.

Sinatra zeigt sich auf diesem vor allem von den Musik-Kritikern hochgelobten Platte in ganz hervorragender stimmlicher Verfassung - es nimmt somit nicht Wunder, dass mancherorts behauptet wird, diese Aufnahmen seien - nicht nur, aber vor allem - vom Gesang her die besten Arbeiten des Barden überhaupt. Wie gesagt, man erlebt hier Sinatra bei einem Ausflug in die Gefilde der Klassik und Nelson Riddle fiel es zu, dem Sänger dabei den Weg zu ebnen. Riddle selbst merkte später an, dass er mit seinen Arrangements für dieses spezielle Projekt letztlich nicht immer das, was ihm vorschwebte, erreicht habe. Nichts Trotz desto erhielt Riddle reich- liches Kritikerlob und in der Tat sind ihm einige meisterhafte Arrangements aus der Feder geflossen - manche ohne Zweifel hochgradig erquickend, wie Sie - verehrtes Publicum - ja sicherlich selbst schon des Öfteren (vorzugsweise beim Abhören des Albums) werden Gelegenheit gehabt haben, festzustellen.

Wohlan, ich in meiner Funktion als Autor und Prinzipal der EOTC-Seiten (sowie natürlich auch als Souverän des daran angeschlossenen EOTC-Forums) bin stets bestrebt, bei Bewertungen der Arbeiten aus der Hinterlassenschaft des Sängers so objektiv wie möglich zu Werke zu gehen - so selten es mir dann auch gelingen möge. Ich gestehe es hier frank und frey: ich kann mit klassischer Musik nur wenig anfangen, so sehr mir auch bewusst sein mag, mit welch unsterb- lichen Meisterwerken dieses musikalische Terrain gepflastert ist - allein: mir bereitet ein Jazz- Standard oder eine Ballade allemal mehr Plaisier als ein Streich-Quartett von Schubert oder Händel. Aus diesem Grunde werden Sie, wertes Publicum, sicherlich verstehen, dass Close
To
You nicht zu den meistgespielten Platten in meiner Sinatra-Sammlung gehört. Dennoch
kann ich nicht umhin, vieles, wenn auch nicht alles, auf dieser Platte als schlicht atemberaub- end und hochgradig bestrickend zu empfinden.

Im einzelnen als ganz besonders hervorzustreichen erachte ich folgende Songs: Die Titelnummer des Albums, Close To You sowie P.S. I Love You, welche beide in ihrer Intimität und Souverän- ität im musikalischen Ausdruck und Gestus mit Fug und Recht großmeisterlich bezeichnet werden dürfen, ferner It´s Easy To Remember und With Every Breath I Take, welche in die- selbe Kerbe schlagen wie erstgenannte beiden Songs.

Im Vergleich zu früher entstandenen Versionen finde ich dagegen Everything Happens To Me
etwas farblos, wenngleich natürlich den (Zu)Spät-Versionen selbigen Songs von 1974 respektive 1981 vor allem stimmlich immer noch haushoch überlegen. It Could Happen To You sowie
I Couldn´t Sleep A Wink Last Night können ebenfalls berechtigterweise als Anspieltipps
genannt werden.

Insgesamt gesehen handelt es sich bei Close To You um ein anspruchsvolles, dem Ausdrucks- bereich des Melancholischen verhaftetes und zumindest für meine Ohren mitunter auch etwas anstrengendes kammermusikalisches Werk, welches dem Hörer - auch wenn er ansonsten vielleicht andere musikalische Präferenzen setzt - durchaus einigen und hochverdienten Respekt abringen sollte und müsste.

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Bewertung: sehr gut
Songs
Close To You
P.S. I Love You
Love Locked Out
Everything Happens To Me
It´s Easy To Remember
Don´t Like Goodbyes
With Every Breath I Take
Blame It On My Youth
It Could Happen To You
I´ve Had My Moments
I Couldn´t Sleep A Wink Last Night
The End Of A Love Affair
If It´s The Last Thing I Do
There´s A Flaw In My Flue
Wait Till You See Her



Aufgenommen 1956


Produzent

Voyle Gilmore

Arrangeur
Nelson Riddle