ZUR PERSON     MUSIK     FILM     LEUTE     EXTRA     SERVICE     FORUM     NEUES     GÄSTEBUCH     NEUERSCHEINUNGEN
 
“Basically, I'm for anything that gets you through the night - be it prayer, tranquilizers or a bottle of Jack Daniels.”

“Critics don't bother me because if I do badly, I know I'm bad before they even write it. And if I'm good, I know I'm good. I know best about myself, so a critic doesn't anger me.”

“The thing that influenced me most was the way Tommy played his trombone. It was my idea to make my voice work in the same way as a trombone or violin - not sounding like them, but "playing" the voice like those instrument- alists.”
Francis Albert Sinatra Does His Thing

Rezension zur Verfügung gestellt von Thorsten Bode


Die beiden Einstiegsnummern Hello Young Lovers und besonders Baubles, Bangles And
Beads sind hier in bemerkenswert funkigen Versionen zu hören. Der dominante Schellenkranz (bei ersterem Song) im Hintergrund macht das nur allzu deutlich und der dezente Chor zeigt, dass hier die Gratwanderung vom Klassiker zum Popsong durchaus gelungen ist. Sinatra kommt mit Song und Arrangement und erstaunlich gut klar und liefert eine gute Alternative
zu den Balladenversionen ab.

Es wird jedoch von Anfang an mehr als deutlich, dass Sinatras Stimme seit dem letzten Special (FS +Ella +Jobim) deutlich an Elastizitäteingebüßt hat, die gelungene Songauswahl macht das allerdings mehr als wett.

Bei Baubles, Bangles and Beads würde ich sogar so weit gehen zu sagen, dass die hier zu hörende Version -selbstverständlich, mit Ausnahme der auf
Sinatra-Jobim  - sogar die Beste ist. Cycles wird von Sinatra recht überzeugend dargeboten, auch wenn der Sänger ein wenig abwesend wirkt. Hier darf man jedoch nicht vergessen, dass Cycles alles Andere als schwer
zu singen ist, zumindest für einen Sinatra.

Direkt nach Cycles dürfen wir den Fähigkeiten der Diahann Carroll lauschen, zumindest ihr Solo-Part ist jedoch nur allzu pathetisch ausgefallen, als dass es noch schön ist - besonders im Hinblick auf die dargebotenen, eher simplen Songs, die Pathetik von Haus aus eher nicht zulassen.

Je nun, das Medley mit Sinatra fällt da schon deutlich überzeugender aus. Positiv fällt auf, dass Carrolls Hang zum Pathetischen hier weniger fehl am Platz, ja sogar passend ist.
Das Songmaterial des Medleys besteht -bis auf die kleine Albernheit am Anfang- restlos aus Songs, die vom Leid der Afroamerikaner während Rassentrennung bzw. der Sklaverei handeln, teils auch Sprituell bzw. Gospelartig verbrämt. Dieses Medley -und der extrem kraftvolle, furiose Schluss im Besonderen- macht wirklich Spaß, ist vielleicht sogar eines der Highlights dieses Specials.

Es folgt ein Saloon-Medley. Man sieht Sinatra, oder vielmehr die Figur (der charakteristische, typische Loner), die er hier darstellen will, in einem verlassenen Haus, bei Here's That Rainy Day kann man sogar das Prasseln des Regens an den Fensterscheiben hören (und auch sehen). Im Anschluss sieht man, wie er das Haus verlässt und auf eine Kinderschaukel zusteuert, man kann also davon ausgehen, dass der Charakter einst Familie (Frau, Kinder) hatte und nun alleine dasteht. Man könnte also von Sinatras musikalischer Paraderolle sprechen, die er während dieses Medleys wieder einmal verkörpert. Und trotz stimmlicher Veränderungen (geringere Elastizität, leichte Abdunklung) gelingt ihm diese Rolle wieder
einmal mit vollster Überzeugungskraft.

Gleichzeitig haben wir hier einen treffenden Beweis, dass die zweite Hälfte der 60er Jahre
für unseren Freund weniger verheerend hätte verlaufen können, wenn er sich an seine Stärken gehalten hätte und nicht Sachen aufgenommen, die entweder nicht zu ihm passen oder schlicht Schrott sind.

Achso, der Mensch in dem Medley steigt am Ende ins Auto und fährt weg, wohl um ein
neues Leben zu beginnen (typisch, trotz aller traurigen Stimmung wohnen i.d.R selbst den selbstmordartigsten Sinatra-Songs immer noch Hoffnung und Perspektive inne, hier erleben
wir die Verbildlichung desselbigen...). Dieses Medley alleine rechtferigt eigentlich schon den Kauf der DVD bzw. des Videos.

Nach dem Medley -und der Kontrast könnte nicht größer sein- tritt The Fifth Dimension
auf die Bühne. Vorgetragen werden zwei für diese Vocalgroup typische Hippie-Soul-Stücke, namentlich It's A Great Life und Stoned Soul Picnic. Zunächst, durch die Optik und das reichlich zeitgenössisch wirkende Auftreten amüsiert, denkt man sich, man hätte damals die Pied Pipers in die 60er Jahre transferiert. Wie auch immer, so schlecht sind die Songs gar nicht (eigentlich sogar reichlich unterhaltend).

Nach Ausklingen von Stoned Soul Picnic ist man dann auch sogleich (zumindest beim
ersten Ansehen) von den Socken. Ein absolutes Novum erleben wir hier, nämlich Sinatra im glitzerndern 60er Jahre-Rüschen-Tunten-Fummel Ob Ava hier wohl auch eine spitze Bemerkung parat hätte?.Also an Humor mangelte es Sinatra anscheinend nicht. Der Song Sweet Blindness (wie passend zu Sinatras Aufmachung) ist dann auch sehr kurzweilig, vor allem, weil es einfach witzig ist!

Nunja, bei einem Song sollte es dann auch bleiben (Gott sei Dank) und die 5th Dimension muss sich verabschieden. Der olle Fummel wird Sinatra dann auch sogleich standesgemaß von zwei scharfen Weibern (eine Blonde, eine Schwarzhaarige, für die, die es interessiert) im wahrsten Sinne des Wortes vom Leibe gerissen und eingetauscht gegen die für Sinatra'sche Verhältnisse wahrscheinlich coolste Bühnenkleidung ever! Ein weißes Sakko-artiges Ding im Nehru-Stil mit Umhängekette - sieht wirklich cool aus, Thorsten weiß, wovon er redet!

Wie auch immer, im unmittelbaren Anschluss dürfen Wir dann auch sogleich Nice And Easy lauschen. Trotz des kleinen, aber unerheblichen Fehlers seitens der Band ist dies die coolste, mir bekannte Version des Songs. Die Studioversion wirkt dagegen, als hätte Sinatra den Hemmschuh an, aber diese Version wird von Sinatra exakt so gebracht, wie ich es mir immer wünschte, nämlich Nice 'N' Easy. Kleine Anmerkung für die, die alles wissen müssen: Das Schnippen (davon gibts allerdings an anderen Stellen im Song genug) wird bei "..but let's make all the stops...(normalerweise macht es hier *Schnips*)...along the way..." durch ein Klatschen ersetzt! Der Song geht direkt über in How Little It Matters (How Little We Know), die beiden Songs wurden hier geschickt durch das Arrangement miteinander verbunden, so dass sie mit einem kleinen Händewink Sinatra's nahtlos ineinander übergehen. Auch hier erleben wir mit dieser Version eine Sternstunde des Songs. Wenngleich verglichen mit der Studioversion deutlich kürzer ausgefallen, erleben wir hier eben jene Lockerheit und Coolness, wie eben
auch bei Nice And Easy, was auch diesem Song mehr als zu Gute kommt.

Der letzte "wirkliche" Song des Specials, Lost In The Stars, wird von Sinatra ebenfalls sehr überzeugend, fast Inbrünstig, wenn auch mit ein paar Unsauberkeiten, gebracht. Mit den Studioversionen kann das hier gehörte nicht ganz mithalten, ist aber dennoch einmal mehr ein beredtes Zeugnis davon, dass Sinatra eben trotz stimmlicher Verschlechterung immernoch ein großer, nein: Der größte Interpret war! Die Essenz dessen, was Sinatra ausmacht und das sich so schlecht in Worte fassen lässt, ist hier immer noch in vollem Maße vorhanden und gemahnt ein weiteres Mal, dass Sinatra in der zweiten Hälfte jenen Jahrzehnts Chancen vergeben hat, vielleicht nicht kommerzieller, aber künstlerischer Natur. Kunst weist, wie wir alle wissen, im Vergleich zur dreckigen Hand des Kommerzes eine unvergleichbar geringere Halbwertszeit auf und lässt einen wieder einmal in Trauer ob der angesprochenen vergebenen Möglichkeiten versinken. Spielraum für Experimente und auch kommerziellen Erfolg blieb Sinatra genug, wie zum Beispiel Sinatra & Jobim beweist, so dass er auf olle Kamellen gar nicht mal angewiesen war, um künstlerisch und eben auch kommerziell erfolgreich zu sein.

Weiter im Programm: Vier von fünf Fernsehspecials der 60er Jahre beschloss Sinatra üblicherweise mit einer Danksagung an das Orchester, den Conductor, die Gäste etc. und eben mit Put Your Dreams Away, dieses Special ist da keine Ausnahme. Und so erleben
wir, vielmehr ich, mit jenem Song einen besonders schönen, abgerundeten Schluss dieses faszinierenden Specials.

Ich möchte allerdings noch eine kleines, aber nicht unbedeutendes Detail einfügen.
Alle Gäste dieser Show sind Afroamerikaner. Der "Verdacht" liegt also nahe, dass Sinatra
mit diesem Special damals ganz nebenbei zur üblichen Show ein Zeichen setzen wollte. Bestanden ein paar Jahre früher Filme fast nur aus Weißen und ab und zu mal ein paar "Niggern" als Dienstmädchen oder Schuhputzer, so hat er hier wohl vorsätzlich nur Afroamerikaner eingeladen. Ebenso kann vermutet werden, dass er bei der jungen Generation eine goldene Nase machen wollte ("They're buying records" scherzte Sinatra während eines Monologes in diesem Special irnonisch). Die zum Großteil zeitgenössischen Arrangements
der beiden ersten Songs, Cycles, sowie die damals sehr populäre 5th Dimension an sich bestätigen dies (Mal außer Acht gelassen, dass sie Schwarze waren).

Zudem darf man nicht unerwähnt lassen, dass Sinatra stets für seine Toleranz, sowie
für die direkte und (wie wir hier anhand dieses Specials sehen) indirekte Unterstützung der Bürgerrechtsbewegung bekannt war. Alles in Allem ergeben all diese Fakten doch ein recht eindeutiges Bild und unterstreichen eindeutig meine These.
Songs
Sinatra:
Hello Young Lovers
Baubles Bangles And Beads
Cycles
Diahann Carroll:
It´s The Music That Makes Me Dance
Where Am I Going
Sinatra & Diahann Carroll:
Medley:Diane/Deep River/Sometimes
I Feel Like A Motherless Child/ Lonesome Road/ Nobody Knows
The Trouble I´ve Seen/Amen
Sinatra:
Medley:Glad To Be Unhappy/Here´s That Rainy Day/It Never Entered My Mind/Gone With The Wind
The 5th Dimenion:
It´s A Great Life
Stoned Soul Picnic
Sinatra & The 5th Dimension:
Sweet Blindness
Sinatra:
Nice And Easy
(How Little It Matters) How Little We Know
Lost In The Stars
Angel Eyes
Put Your Dreams Away



Aufgenommen 1968